Matrix: Revolutions
USA 2003, (OT: The Matrix: Revolutions), Regie und Buch: Andy und Larry Wachowski, Kamera (Technicolor, Panavision Widescreen 2,35:1) Bill Pope, Schnitt: Zach Staenberg, Musik: Don Davis.
Mit Keanu Reeves, Carrie-Anne Moss, Laurence Fishburne, Monica Bellucci, Jada Pinkett-Smith u.a.;
Laufzeit: 129 Minuten, FSK: ab 16 Jahren, Verleih: Warner Bros.
Von Oliver Naujoks
(Vorsicht, leichte Spoiler! Wer den Film noch nicht gesehen hat, möge vorsichtig weiterlesen!)
Alles was ein Anfang hat, hat nun ein Ende. Und das ist jetzt da. Anders als erwartet, und, das sei jetzt schon gesagt, nicht so gut wie erhofft.
Der Film setzt den zweiten Teil nahtlos fort (vielleicht gibt es irgendwann mal eine DVD-Special Edition, in welcher Reloaded und Revolutions hintereinander montiert werden) und bevor das große Finale mit dem Krieg gegen die Maschinen eingeläutet werden kann, sind zunächst einige Probleme zu bewältigen: Neo (Keanu Reeves) ist in einer Zwischenwelt gefangen, die vom Trainman regiert wird, der für den aus Reloaded bekannten Gangster Merowinger (Lambert Wilson) arbeitet und muss von Trinity (Carrie-Ann Moss) und Morpheus (Laurence Fishburne) befreit werden, Agent Smith ist es gelungen, aus der Matrix zu entfliehen und das Orakel will mal wieder besucht werden.
Danach, nach einer knappen Filmstunde, haben die Maschinen dann Zion, die Stadt der Menschen, erreicht und eine infernale Schlacht entbrennt. In der Zwischenzeit machen sich Neo und Trinity alleine auf den Weg in die Stadt der Maschinen, um den Krieg zwischen Menschen und Maschinen ein für allemal zu beenden....
Fans, die nach Reloaded unzufrieden mit vielen Fragen zurück gelassen wurden, werden auch nach Revolutions nicht wesentlich glücklicher sein.
Die Wachowskis waren gezwungen, alle Karten auf den Tisch zu legen und es stellt sich heraus, dass sie leider kein As im Ärmel haben, sofern das Wortspiel gestattet ist. Aber der Reihe nach.
Die ersten 50 Minuten des Films dienen der Vorbereitung auf die finale Schlacht und strapazieren mit den inzwischen gewohnten kryptisch-pseudophilosophischen Dialogen ein ums andere Mal die Geduld. Neo sitzt die erste Hälfte des Films in einer verlassenen U-Bahn Station rum, unterhält sich mit einer indischen Familie über Liebe und sinniert darüber, wie er dort wieder wegkommt. Das ist visuell zunächst interessant, irgendwann beschleicht einen aber dann schon das Gefühl, dass die Handlung hier auf der Stelle tritt.
In dem Abschnitt vor dem Finale gibt es auch lediglich nur eine Action-Szene, mit Trinity und Morpheus, die verblüffend der Lobby-Szene im ersten Teil gleicht, auch wenn sie einige Steigerungen erfahren hat.
Bevor wir uns dem Finale widmen, sei zunächst noch eine frustrierende Erkenntnis mitgeteilt: Im nachhinein stellen sich sämtliche Stationen wie der Schlüsselmacher, der Architekt, der Merowinger und so weiter nur als Teile einer Schnitzeljagd heraus, die ersichtlich nur den Grund hatte, die Handlung von einer Filmfortsetzung auf zwei zu strecken. Dramaturgisch notwendig sind diese Stationen nicht. Das mag einen stören oder nicht, ein selbstzweckhafter, episodischer Charakter ist aber überdeutlich spürbar, der am Ende den Eindruck vermittelt, keine runde Geschichte gesehen zu haben, sondern einen Aneinanderreihung von Episoden.
Nun aber zum Finale, und da kann der Film dann doch ordentlich punkten. Die aus den ersten Filmen bekannten Wächtermaschinen dringen in unzähliger Zahl in Zion ein und werden von den Menschen in Kampfrobotern verzweifelt bekämpft. Diese Schlacht ist visuell im höchsten Maße beeindruckend.
Das gilt sowohl technisch, denn diese wohl größtenteils im Computer entstandenen Bilder sind erstaunlich plastisch und real als auch künstlerisch, denn hier gelingt es den Regisseuren, ein Höchstmaß an Faszination und visueller Wucht zu erreichen; das sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen.
Interessant ist dabei, dass diese Schlacht wirklich im wesentlichen von Wächterdrohnen auf der einen Seite und großen Robotern auf der anderen Seite ausgetragen wird. Damit verlassen die Macher die Pfade des Mainstream-Kinos und bieten reine, surreale SF-Bilderwelten an, die man in dieser Form und mit diesem Aufwand bisher, ausser in japanischen Animes, noch nie gesehen hat. Eine mutige Entscheidung, denn es könnte gut sein, dass sie damit Kinogänger, die nicht sonderliche SF-Fans sind und "nur" einen Action-Film mit futuristischen Elementen erwarten, verprellen.
Über den Schluss an sich sein nicht so viel verraten, sondern lediglich, dass es zu einem höchst beeindruckend inszenierten Finale zwischen Neo und Agent Smith kommt, in welchem sämtliche Gesetze der Physik aufgelöst werden und dass am Ende große Opfer gebracht werden müssen.
Handwerklich ist der Film vorzüglich gestaltet. Wie schon erwähnt, insbesondere die FX-Techniker sind auf der Höhe, die CGI-Bilder wirken erstaunlich echt, was viel zu der Wucht des Films beiträgt.
Auch allen anderen Abteilungen sind Höchstnoten auszustellen, insbesondere aber der Bildgestaltung von Bill Pope, die sich sichtlich und erfolgreich bemüht, Bilder zu präsentieren, die man so noch nicht gesehen hat.
Nun aber zur großen Schwäche des Films, dem Drehbuch. Hier stimmt leider nicht viel. Die Wachowskis haben es nicht verstanden, die Trilogie zu einem runden Abschluss zu bringen und einige Entscheidungen getroffen, die viele Zuschauer vergrätzen werden. Wie schon erwähnt, eine Menge Fragen bleiben unbeantwortet und vor allem die Fans und Zuschauer, die im ersten Matrix mehr gesehen haben, als einen "normalen" SF-Film, werden nun bitter enttäuscht sein, dass die Trilogie eine verblüffend konventionelle Auflösung erfährt, die sämtliche philosophischen Dialoge und Seitenstränge als überflüssigen Ballast und reines Geschwafel entlarvt, das Pseudo-Tiefgang erzeugen sollte; die Nörgler hatten leider recht: Es ist alles nur heiße Luft gewesen.
Erstaunlich auch, wie stark sich die Wachowskis hier bei anderen Stoffen bedient haben, so ähnelt das Grundgerüst der Handlung verblüffend dem aus "Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs"; wenn Neo und Trinity zur Maschinenstadt aufbrechen und sich buchstäblich mit letzter Kraft dort hinschleppen und parallel eine gigantische Schlacht stattfindet, sind die Ähnlichkeiten zu den verzweifelten Frodo und Samwise auf ihren Weg zum Schicksalsberg überdeutlich. Verblüffend ebenso, wie sehr ein Hauptcharakter des Films dem MCP aus "Tron" ähnelt, wie ein sehr wichtiges Handlungselement aus "Der Herr des Wüstenplaneten" übernommen wurde und ärgerlich, wie unangenehm dick am Ende messianische Bezüge hergestellt werden, ohne spirituelle Resonanz.
Als Einschub sei hier kurz auf die schauspielerischen Leistungen eingegangen, denn diese werden vom Drehbuch größtenteils im Stich gelassen. Insbesondere Laurence Fishburnes Morpheus ist zur reinen Nebenfigur fast ohne Dialog degradiert, aber selbst Carrie-Anne Moss und Keanu Reeves haben nicht sonderlich viel zu tun und so kann sich eigentlich nur Jada Pinkett Smith als entschlossene Pilotin ein wenig profilieren. Viele Darsteller werden auch schlicht verschwendet, so ist es fast traurig, dass eine fantastische Schauspielerin wie Monica Bellucci ohne Dialog auftritt und in diesem Film nur dafür gecasted wurde, ihr zugegeben äußerst beeindruckendes Decolleté in die Kamera zu halten.
Weil Figuren und Darsteller vom Drehbuch so im Stich gelassen wurden stellt sich leider keine große emotionale Resonanz ein, auch wenn bei den "großen Szenen" am Schluss diese sicherlich von den Machern erwünscht war.
Zurück zum Drehbuch. Die Macher sollen bitte nicht erzählen, dass die Matrix-Filme schon immer als Trilogie geplant waren und schon gar nicht, dass für die Fortsetzung zwei Filme nötig gewesen seien. Die Tatsachen, dass einerseits der erste Teil immer noch ziemlich für sich steht und losgelöst von den beiden anderen betrachtet werden kann und andererseits, dass die oben schon erwähnte Schnitzeljagd ersichtlich nur den Grund hat, die Laufzeit von einem auf zwei Filme auszudehnen, strafen die Aussage von der von Anfang an geplanten Trilogie der Macher Lügen.
Es ist der Geschichte deutlich anzumerken, dass sie entstand, um eine Fortsetzung aus dem Boden zu stampfen und dann durch redundante Episoden in die Länge gezogen wurde, damit es für zwei lange (jeweils über zweistündige) Filme reicht. Von einer zwingend-organischen Trilogie kann man leider nicht sprechen. In diesem Zusammenhang ist es auch frustrierend, wie Charaktere einfach nur angerissen werden und dann sang- und klanglos aus der Handlung verschwinden, wie z.B. der Schlüsselmacher (im zweiten Teil), der Trainman oder auch der (recht nervige) Merowinger. Und kann mir mal jemand erzählen, warum seine Frau, die ihn im zweiten Teil hintergangen hat, jetzt wieder neben ihm sitzt? Ich muss ja nicht alles erklärt haben, aber...
Immerhin interessant ist, dass dieser Film, obwohl zeitgleich mit Reloaded gedreht, zwar natürlich bewusst den gleichen Look besitzt, sich aber trotzdem ganz anders "anfühlt", was an der unterschiedlichen Struktur (wie gesagt, das Finale füllt die komplette zweite Hälfte des langen Films) und an der Tatsache liegt, das auf vermeidlich realistische Szenen innerhalb der Matrix diesmal fast komplett verzichtet wird. Ferner sei erwähnt, dass das pseudophilosophische Geschwafel etwas weniger die Geduld strapaziert als in Reloaded.
Auch wenn somit die finale Schlacht visuell höchst beeindruckend ist und man schon mit gedämpfter Erwartungshaltung an diesen dritten Teil heran- und davon ausgeht, dass auch die Wachowskis nur mit Wasser kochen - die Auflösung am Ende ist schon schmerzhaft dünn und enttäuschend und wird wohl nur wenige Leute befriedigt aus dem Kino entlassen. Insbesondere eine arg süßliche Schlusszene wird einigen Leuten den Rest geben.
Das ist der Fluch der Fortsetzungen. Alles, was im ersten Film durch Andeutungen eine gewisse Faszination hatte, musste jetzt bebildert werden, was nur enttäuschen kann.
Wieviel faszinierender sah das im ersten Teil nur im Dialog erwähnte Zion in den Köpfen der Zuschauer im Gegensatz zu den SF-TV-Serien entlehnten Bebilderungen der Stadt in den beiden Nachfolgerfilmen aus.
Wieviel faszinierender war beim ersten Film die Frage, ob die Wachowskis wirklich etwas zu sagen haben oder nicht, die im dritten Teil klar von ihnen verneint wird.
Immerhin: Die Story macht unmissverständlich deutlich, dass dies wohl der letzte Matrix-Film gewesen ist. Man soll in Hollywood nie nie sagen, aber ein vierter Teil wäre nur mit einer Menge Verrenkungen möglich.
Nachdem sich beim Verfasser dieser Zeilen beim inzwischen vertrauten Vorspann ein wohliges Wiedersehensgefühl wie bei den 007-Filmen einstellte, kam er am Ende zum Schluss, dass er ganz froh ist, dass dies der letzte Teil war. Das spricht nicht für den Film.
Nichtsdestotrotz: Für SF-Fans lohnt ein Kinobesuch aufgrund der immens aufwändigen und faszinierenden Bilderwelten durchaus, man sollte nur von der Story keine Wunderdinge erwarten und sich teilweise auf eine herbe Enttäuschung gefasst machen.
Und so bleibt als Fazit, dass man den Wachowski-Brüdern für aufwändige Action-Szenen durchaus Meisterschaft attestieren kann (nochmal: diese alleine lohnen bereits den Kinobesuch!), nur sollten sie vielleicht das nächste mal das Drehbuch von jemand anderem schreiben lassen.