H.G. Wells’ War of the Worlds
SF-Film von David Michael Latt, USA 2005, 93 Minuten
Mit C. Thomas Howell, Jake Busey, Tinarie van Wyk-Loots u.a.
Import-DVD (Asylum/USA), Ton: Englisch 5.1, Bild: 1,78:1 anamorph.
H.G. Wells berühmten Roman von 1898, in welchem bösartige Marsianer sich daran machen, mithilfe gigantischer, spinnenartiger Kriegsmaschinen die Menschheit auszulöschen und in letzter Minute von einem unerwarteten Verbündeten besiegt werden, erfuhr nach dem Film von 1953 und der TV-Serie von 1988 im Jahr 2005 gleich drei Filmadaptionen: Neben dem immens teuren Spielberg-Film fürs Kino mit Tom Cruise entstanden auch zwei kleine Produktionen, die in den USA direkt auf DVD erschienen. Dies ist die Besprechung der einen Video-Produktion, eine Videopremiere der Firma Asylum die sich von der anderen Videoproduktion durch ein „the“ weniger im Titel unterscheidet und nur halb so lang ist.
Asylum ist eine kleine Firma, die nur für den DVD-Markt billige, aber unterhaltsame Exploitation-Reißer herstellt und sich gelegentlich an größere Filme anhängt. Begleitend zu Spielbergs „Krieg der Welten“ mit Tom Cruise und parallel zu dem dreistündigen Direct-to-Video Projekt „H.G. Wells The War of the Worlds“ veröffentlichen sie ihre Version des inzwischen nicht mehr durch das Urheberrecht geschützten Stoffes, so dass das Jahr 2005 drei Verfilmungen des Romans hervor brachte. Die Aussicht klingt auch gar nicht so verkehrt, dass man als kleinere Alternative zu dem Spielberg-Film zwar auf die aufwändigen Effekte und großen Stars verzichten muss, dafür aber einen kürzeren und knackigeren Film mit ein paar mehr Exploitation-Elementen geboten bekommt, der in Ton und Atmosphäre erstaunlich ähnlich zu Spielbergs Version ausgefallen ist.
Und es fängt auch tatsächlich gut an: Statt wie bei Spielberg eine zerbrochene Familie am Anfang zu präsentieren, beginnt der Film gleich mit der einzigen Nacktszene, in welcher C. Thomas Howell seiner von Tinarie van Wyk-Loots verkörperten Ehefrau dabei zusieht, wie sie aus der Dusche steigt. Routiniert und erfolgreich führt der Film am Anfang die zentrale Familie ein und weckt durch einige hübsch geschriebene Szenen schnell Sympathie für diese Figuren, so dass man gleich in den Film hinein gezogen wird. Wenn im Making Of behauptet wird: „Ja, die haben Tom Cruise, wir aber haben C. Thomas Howell!“ klingt das nur auf den ersten Blick Mitleid erregend, denn Howell, der seinen Platz in der B-Filmgeschichte durch seine Rolle in „Hitcher – Der Highwaykiller“ sicher hat, macht tatsächlich einen guten Job und spielt seinen Part äußerst routiniert, souverän und Sympathie erweckend und trägt damit den Film.
Danach folgt dann der Einschlag des Kometen und die erste Aktion der spinnenbeinartigen, marsianischen Kriegsmaschinen, die für so eine Low Budget-Produktion zwar nicht sonderlich kreativ, aber immerhin technisch durchaus brauchbar realisiert wurden und man fängt sich langsam an, richtig wohl zu fühlen mit dieser Adaption des Stoffes – und dann entgleist der Film leider.
Zunächst entsteht ein rätselhafter Bruch nach der eben beschriebenen Stelle, plötzlich ist irgendwie die ganze Welt von den Marsianern überrannt, ohne dass deutlich wird, was denn jetzt eigentlich passiert ist. Dies wirkt so, als wären entscheidende Szenen herausgeschnitten worden, wahrscheinlicher ist aber, dass die Filmemacher hier den Stoff zu sehr voraussetzen und nicht ihrer Pflicht nachkommen, diesen zu erzählen. Das wäre eigentlich auch nicht so schlimm, was den Film aber dann scheitern lässt, ist die Art des Regisseurs, mit seinem geringen Budget umzugehen: Während in der parallel besprochenen DVD-Premiere „H.G. Wells’ The War of the Worlds“ der Regisseur sich nicht darum schert, ob seine Effekte überzeugend aussehen, war es Regisseur Latt offensichtlich ein Anliegen, dem Publikum nicht allzu viel billige Effekte vorzusetzen, so dass er diese nur äußerst sparsam einsetzt. Auch dieses wäre noch zu verschmerzen, was er aber stattdessen anbietet, nicht: Unendlich lange Monologe von Charakteren, die man nicht kennt und mit denen man somit nicht mitfühlen kann und unendlich in die Länge gezogene Dialogpassagen mit Themen und Personen, die schlicht nicht im Mittelpunkt des Interesses des Zuschauers stehen und deshalb folgerichtig und ärgerliche Weise erheblich langweilen. Eine Zahl: Retardierende Szenen müssen aus Gründen des Erzählrhythmus immer sein, wenn aber der Held und einer seiner Begleiter Zuflucht in einem Keller suchen und die Ruhe dort zu einem Gespräch nutzen, darf diese Szene in einem nur 93minütigen Film nicht fast zwanzig(!) Minuten dauern. Für einen Exploitation-Film gibt es erstaunlich wenig Exploitation, einmal nackte Brüste in der Auftaktszene und 2-3 halbherzige Gore-Szenen sind für das Videotheken frequentierende Publikum dann doch etwas wenig. Da die Angriffe der Marsianer immer gleich inszeniert sind und auch nur sehr selten vorkommen, will sich so einfach kein spannendes Filmvergnügen einstellen. Videopremieren mit zu wenig statt zu viel Action, das ist selten. Erschreckend: Spielbergs Film wurde von vielen Seiten zu viele Längen vorgeworfen, wenn ein Film, der fast eine halbe Stunde kürzer ist wie dieser, es „schafft“ noch mehr Längen einzubauen, dann ist definitiv etwas schrecklich falsch gelaufen. Das alles ist insofern umso bedauerlicher, als man den Film einfach mögen will, denn er ist handwerklich (bis auf den schlecht ausgesteuerten, undeutlichen Ton in den Dialogen) und schauspielerisch für so eine Produktion erstaunlich ordentlich ausgefallen. Bis zu dem mit einigen beeindruckenden Bildern vom zerstörten Washington ausgestatteten Finale ist es aber leider ein so langer und langatmiger Weg, dass sich bis dahin nur noch Enttäuschung breit gemacht hat.
Fazit: Handwerklich solide und gut gespielte Low Budget-Variante vom „Krieg der Welten“, die viele Parallelen zu dem großen Spielberg-Film aufweist, am Anfang aufkeimende Sympathien aber durch ein übermaß an enervierender Dialoglastigkeit, Aktionsarmut und bleiernder Handlungsführung gründlich wieder verspielt.
Punkte: 4/10
Die DVD bietet ein gutes Bild, der Ton ist in den Effekten wuchtig, die Dialogspur auf dem Center-Channel aber ärgerlich undeutlich, so dass man sehr genau hinhören muss. Man bekommt mit einem Making Of und gleich zwei Audiokommentaren immerhin eine ordentliche Menge an Extras spendiert. Die Art, wie sich das Cover bei dem berühmten Emmerich-Vorbild bedient, ist bemerkenswert dreist.