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Pratchett, Terry: Ab die Post (Buch)
Terry Pratchett
Ab die Post
(Going Postal)
Aus dem Englischen übersetzt von Andreas Brandhorst
Titelillustration: Paul Kidby
Manhattan, 2005, Hardcover, 445 Seiten, 19,90 EUR, ISBN 3-442-54565-X
Von Carsten Kuhr
Mitten in Ankh-Morpork träumt das alte Postgebäude einsam und verlassen vor sich hin. Seit Jahrzehnten lagen dort, bewacht nur von einem inzwischen gebrechlichen "Junior-Postboten" und einem Helfer tausende von Briefen und warten auf ihre Zustellung. In Zeiten da der "Klacker" (eine Telegrafenverbindung) Nachrichten innerhalb von Stunden über den Kontinent in andere Länder überträgt, scheint die gute alte Schneckenpost überholt. Doch der Patrizier Vetinari hat seine Pläne mit dem Amt, und er hat einen neuen Postminister ausgespäht, von dem er sich wahre Wunderdinge erhofft.
Doch zunächst gilt es, diesen - einen notorischen Betrüger und Hochstabler - ein wenig zu motivieren. Ein dickes Seil mit einer kunstvoll geknüpften Schlinge, eine Falltür unter eben diesem und einen Bewährungshelfer in Form eines nie schlafenden Golems später hat der Patrizier seinen Freiwilligen. Und der beginnt denn auch mit ganz unkonventionellen Mitteln, die festgefahrene Kiste wieder in Schwung zu bringen. Neue Postboten – Vampire, Golems und Werwölfe willkommen - werden eingestellt, die Briefmarke als neue Währung und Sammlerobjekt erfunden und ein etwas ungleicher Kampf mit dem Syndikat, das die Klacker unredlich an sich gebracht hat, bricht aus. Hier trifft unser Held, der in seinem Leben noch nie einen Tag mit ehrlicher Arbeit vergeudet hat auf einen Gauner, und sein Ehrgeiz wird geweckt. Wer ist wohl der größte Gauner im Land ?
Haben Sie einmal den Film "Der Clou" mit Robert Redford und Paul Newman in den Hauptrollen gesehen? Nein? Nun, entweder leihen Sie sich den grandiosen Film, oder lesen dieses Buch. Ich verspreche es Ihnen, Sie werden von beiden nicht enttäuscht sein.
Wenn ein Gauner, auf intelligente Weise seinen Trick abzieht, so fasziniert uns die Beschreibung. Wenn aber ein Gauner einen anderen Gauner hereinlegt, dann wird es erst so richtig interessant.
Auf seine ganz eigene, manches mal bitterböse Weise, widmet Pratchett sich in seinem 29. "Scheibenwelt"-Roman der Hochfinanz und den Spekulanten. Er warnt unterschwellig vor zu viel Kapitalismus, der Macht der Großkonzerne und des gerade jetzt so viel gepriesenen "shareholders value" auf Kosten der Angestellten. Er betont, dass eine Regierung, die das Wohl aller im Blickwinkel hat gar keine so schlechte Kontrollinstanz darstellt (wäre unsere Regierung doch ein wenig mehr wie Lord Vetinari), schwadroniert über die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht von Minderheiten (wie den Golems) und beweist einmal mehr, dass die besonderen Fähigkeiten Einzelner zum Wohle Vieler genutzt werden können. Insoweit hat er mit diesem Roman einen hochaktuellen dazu aber wie gewohnt sehr unterhaltsamen und rasant zu lesenden Roman vorgelegt – Prachett at his best eben.
hinzugefügt: December 11th 2005 Tester: Carsten Kuhr Punkte: zugehöriger Link: Manhattan Verlag Hits: 4976 Sprache:
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