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Lewis, C. S.: Die Chroniken von Narnia: Der König von Narnia (Buch)

C. S. Lewis
Die Chroniken von Narnia – Der König von Narnia
Neuübersetzung von Wolfgang Hohlbein und Christian Rendel
Ueberreuter, 2005, Hardcover, 168 Seiten, 12,95 EUR, ISBN 3-8000-5168-0

Von Oliver Naujoks

Im Jahr 1940 werden die Kinder Peter, Susan, Edmund und Lucy von ihren Eltern von London aus aufs Land geschickt, um deutschen Bomben auszuweichen. Ein verschrobener Professor nimmt sie in seiner Villa auf und die Kinder müssen sich nun dort die Zeit vertreiben. Beim Versteck spielen stoßen sie auf einen Wandschrank, der sie in eine andere Welt führt: Narnia. Narnia aber wird von einer bösen Hexe beherrscht, die das Land in ewigen Winter getaucht hat, so dass es nie Weihnachten werden kann. Aber, die Rettung naht. Die Wiederkunft des Löwen Aslan, eigentlicher Herrscher über Narnia, steht bevor..

Wenn jemand im angloamerikanischen Raum mit Büchern aufgewachsen ist, ist die Chance nicht gering, dass er oder sie auch einmal „Der König von Narnia“ (engl. „The Lion, The Witch and the Wardrobe“) gelesen hat, das erste von insgesamt sieben Narnia-Büchern, die Lewis zwischen 1949-1956 schrieb, wobei Publikations- und Lesereihenfolge erheblich differieren; dazu später. Die Bücher haben sich in England und den USA über 80 Millionen mal verkauft und gelten dort als ein ähnlicher Klassiker und Grundstein des Fantasy-Genres, wie J.R.R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“. Zwar kannten sich Tolkien und Lewis gut und beide Bücher entstanden auch fast zur gleichen Zeit, ansonsten trennen Tolkien und Lewis, Mittelerde und Narnia, aber Welten. Tolkiens Buch ist ausufernd und komplex, Lewis Werke sind kurz und eher einfach gehalten. Tolkiens Mittelerde entstand in manischer Detailbesessenheit über einen Zeitraum von fast vier Jahrzehnten, Lewis’ Narnia wurde innerhalb eines halben Jahres mal eben zusammenfabuliert. Tolkien schöpfte aus einem gigantischen Mythenfundes und führte diesen folgerichtig und innerhalb eigenes erstellter Gesetzmäßigkeiten fort, Lewis entwarf eine Märchenwelt für Kinder und setzte dort hinein, was ihm gerade einfiel. Während bei Tolkien Elfen, Zwerge und Orks die Welt bevölkern, trifft man bei Lewis auf sprechende Biber, gütige Löwen und den leibhaftigen Weihnachtsmann höchst persönlich! Tolkien Mittelerde steht für sich, Lewis’ Welt ist bewusst als Allegorie angelegt.
Ein beliebtes Vorurteil Lewis Werken gegenüber ist ein angeblich subversiver christlicher Hintergrund, der diese Werke durchzieht. Lewis galt in der Tat in den 40er Jahren als einer der bedeutendsten christliche Schriftsteller Englands und hat auch Elemente des Christentums in seine Narnia-Bücher eingearbeitet, diese aber unter mehreren Ebenen versteckt. Sicher muss man schon blind sein, um in der Geschichte des Löwen Aslans, der als Erlöser nach Narnia kommt, getötet wird und wieder aufersteht, keine Parallelen zur Leidensgeschichte Christis zu entdecken, der Geschichte von „Der König von Narnia“ tut es aber keinerlei Abbruch, wenn man diese Elemente beim Lesen ausblendet oder ausblenden will, denn die Parallelen sind sehr oberflächlich und erfahren mehrere Brechungen dadurch, dass Aslan ein Löwe ist und seine Auferstehung mit „alter Magie“ erklärt wird. Auch wenn sie von Lewis durchaus intendiert waren, sind die christlichen Elemente somit eher ein Nebenaspekt, den man beachten kann, ob nun befürwortend oder kritisch, aber keinesfalls muss.
Wie oben bereits erwähnt, sind Publikations- und Lesereihenfolge nicht identisch. Lewis schrieb zwar den hier zu besprechenden Band als erstes, siedelte aber die Nachfolgebände zeitlich nicht chronologisch an. So spielt der als sechster Band publizierte „Das Wunder von Narnia“ (engl. „The Magician’s Nephew“) zeitlich vor dem „König von Narnia“, trotzdem ist die Frage, welchen Band man nun zuerst lesen soll, nicht so leicht zu beantworten. Egal, welchen der beiden Bände man zuerst liest, man begibt sich auf jeden Fall dann Überraschungen in dem anderen Band. An vielen Formulierungen in beiden Bänden und in der Anlage spürt man deutlich, dass Lewis die Bände nicht (später) auf einander abgestimmt hat. Ihm schwebten diesbezügliche Pläne vor, diese konnte er aber durch seinem Tod nicht mehr verwirklichen, so dass die Nachwelt mit in diesem Punkt unfertigen Romanen leben muss. Auch an anderen Stellen vermisst man teilweise die Hand eines Lektors, so kann es durchaus vorkommen, dass Lewis einem die selbe Tatsache auf einer Seite zwei mal erzählt, ohne dass dies ein dramaturgisches Mittel sein soll, hier fehlte offensichtlich ein zweiter, Wiederholungen streichender Durchgang.
Stilstisch schlägt Lewis im übrigen einen kindgerechten Plauderton an und bringt sich als Erzähler teilweise selbst ins Spiel, in dem er begründet, warum die Handlung jetzt hierhin und dorthin springt oder warum ein Charakter für die spätere Handlung nicht so wichtig sei. Das hat etwas sympathisches, eignet sich sicherlich gut zum Vorlesen und ist nicht nur für jung, sondern sehr wohl auch für jung und alt goutierbar.
Die Handlung selbst lässt in einigen Punkten durchaus zu wünschen übrig und es sei hier sogar die Frage erlaubt, warum dieses Buch ein solcher Klassiker werden konnte. Denn der Plot ist sehr simpel, wenig nach vorne treibend und insbesondere fällt unangenehm auf, dass Lewis sich sehr wenig Zeit dafür nimmt, die Welt von Narnia mit Leben zu füllen, sondern im wesentlichen einen Handlungspunkt nach dem anderen einfach abhakt. Dabei werden auch größere Unglaubwürdigkeiten in Kauf genommen und man fragt sich u.a., wie aus völlig unbedarften Kindern im Finale plötzlich bruchlos große Kämpfer werden können, Schicksal hin, Vorherbestimmung her.
Viele dieser Mankos fallen aber durch die Fantasie des Autoren nicht so ins Gewicht. Lewis’ Welt Narnia ist nur beding originell, in der Zusammenstellung von Märchenelementen und –figuren liegt aber durchaus ein gewisser Charme, ferner wird die Neugier des Lesers beflügelt, was wohl als nächstes passiert, zumal das Tempo gegen Ende spürbar zunimmt und auch die Erzählung etwas dichter ist..
In der Charakterzeichnung gönnt sich Lewis keine allzu große Komplexität. Bis auf die kleine Lucy und den später geläuterten Verräter Edmund sind sämtliche Charaktere, auch der Löwe Aslan, sehr eindimensional ausgefallen, was sicherlich auch dem knappen Raum des kurzen Romans geschuldet ist.
Trotz des vorhandenen Charmes: Wenn man nicht von Kindesbeinen an mit Narnia sozialisiert wurde, fällt es nicht so ganz leicht, den gigantischen Erfolg im angloamerikanischen Sprachraum nachzuvollziehen.

Zum Start des Kino-Films brachte Ueberreuter, der deutschsprachige Verlag von Lewis Büchern, eine neue Übersetzung des Romans heraus. Eigentlich ein begrüßenswerter Schritt, denn die Neuübersetzung von Christian Rendel ist an vielen Stellen sprachlich schöner als die alte Verdeutschung von Lisa Tetzner, und auch dichter am Originaltext.
Weniger schön ist aber die Vermarktung dieser Neuübersetzung: Der Autoren-Star des Ueberreuter-Verlags, Wolfgang Hohlbein, stand dem Übersetzer wohl mit Anregungen zur Seite, was dann den Verlag dazu veranlasste, den Namen Hohlbein nicht nur unendlich viel größer als den von Christian Rendel vorne auf das Cover zu drucken, sondern sogar noch deutlich größer als den Namen von C.S. Lewis, immerhin der Autor des Romans! Damit wird man Wolfgang Hohlbein nicht gerecht – und die Anhänger von C.S. Lewis dürften wohl auch nicht zu unrecht verärgert sein über eine so plumpe und deplaziert wirkende Marketing-Maßnahme.

hinzugefügt: December 11th 2005
Tester: Oliver Naujoks
Punkte:
zugehöriger Link: Ueberreuter Verlag
Hits: 4843
Sprache: german

  

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