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Martin, George R. R.: Die Flamme erlischt (Buch)
George R. R. Martin
Die Flamme erlischt
Dying of the Light (1977)
Ins Deutsche übertragen von Werner Fuchs
Blanvalet, 2006, Taschenbuch, 480 Seiten, 7,95 EUR, ISBN-10: 3-442-24318-1, ISBN-13: 978-3-442-24318-1
Von Gunther Barnewald
„Die Flamme erlischt“ ist eine Neuauflage des 1978 erschienen ersten SF-Bandes der in den 80ern viel beachteten SF-Reihe des Knaur Verlags (und hatte damals, dank kleiner Schriftgröße, noch knapp 300 Seiten). Gleichzeitig war es auch der erste Roman des hoffnungsvollen US-amerikanischen Autors George R. R. Martin, der bis dato viele hochklassige Storys verfasst hatte und für viele Kritiker einer der bedeutendsten SF-Autoren zu werden versprach.
Mehr als 25 Jahre und vor allem eine Menge bedeutender Preise und Auszeichnungen später (Hugo- und Nebula-Award selbstverständlich inbegriffen) hat George R. R. Martin diese Hoffnungen mehr als gerechtfertigt.
Erfreulich, dass Martins erster Roman auch heute noch lesbar, niveauvoll und spannend geblieben ist, während einige andere damals bedeutende Werke Patina angesetzt haben.
Erzählt wird in „Dying of the Light“ einerseits die Geschichte des Planeten Worlon, der sich, ohne eigene Sonne, nur für einige Jahrzehnte einigen Lebensspendern nährt, bevor er wieder in die dunkle Kälte des Weltraums gleitet.
Doch in dieser Zeit wird ein Terraforming durchgeführt und die 14 menschlichen Rassen der Außenwelten beschließen, in dieser Zeit ein gewaltiges, zehn Jahre andauerndes Fest auf Worlon zu feiern. Zu diesem Zweck lässt jeder Planet eine für die eigene Kultur und Technik typische Stadt aus Worlon errichten, importieren hierzu auch Flora und Fauna der jeweiligen Außenwelt.
Nachdem das Festival jedoch beendet ist, bleiben einige wenige Menschen zurück, unter anderem Mitglieder der gefährlichen, sich durch martialische Regeln und Riten auszeichnenden Hoch Kavalaan.
In deren Gesellschaft gerät nun der nicht mehr junge Dirk t´Larien, als er, nach dem Erhalt eines Liebespfandes seiner einstigen Freundin, nach Worlon kommt, da er glaubt, sie habe ihn zu Hilfe gerufen.
Doch bald muss er erkennen, dass er in eine gefährlich Intrige hineingeschlittert ist, die ihn selbst zum Opfer macht, verfolgt von brutalen Hoch Kavalaan, die in ihm nichts als jagdbares Wild sehen.
Martins Erstling zeichnet sich durch einen ausgefeilten kulturellen Hintergrund, atmosphärische Dichte und eine bestrickende melancholisch-romantische Atmosphäre aus.
Bewundernswert mit welcher Leichtigkeit und Raffinesse der damals noch junge Autor den konsistenten Hintergrund der Kultur der Hoch Kavalaan entwickelt und ihre Entstehung und Reifung ableitet aus gewissen planetaren und interkulturellen Gegebenheiten.
Außer Dirk gibt es zudem eine Reihe anderer bedeutender Protagonisten, die alle überzeugend, interessant und kongruent geraten sind und den Leser zu fesseln wissen.
Neben diesen spielt jedoch die morbide und melancholische Atmosphäre auf der sterbenden Welt Worlon die Hauptrolle. So lernt der Leser nicht nur den alles verschlingenden Kampf der dortigen, importierten Fauna kennen (welcher wiederum symbolische Bedeutung hat für die gescheiterte Entfaltung der anwesenden erzkonservativen Hoch Kavalaan und die Handlung des Romans), sondern auch einige der von anderen menschlichen Zivilisationen errichteten Städte, die viel über deren Lebensphilosophie aussagen. Typisch dabei die düstere, immer das gleiche unheilvolle Musikstück intonierende Stadt, welche von einer Menschenrasse von Nihilisten errichtet wurde.
Trotz der starken romantischen Ausrichtung der Geschichte, gerät diese trotzdem nie klischeehaft, die Protagonisten bleiben immer lebendig und glaubhaft, nie kippt die Erzählung ins Triviale, zumal der Autor das erwartete (Happy) End konsequent verweigert.
„Die Flamme erlischt“ ist auch aus heutiger Sicht einer der wunderbarsten SF-Unterhaltungsromane aller Zeiten, auch wenn die durch ihn geweckten Gefühle sicherlich nicht für jeden Leser angenehm sein dürften, denn die unterschwellige Trauer, die bittersüße Melancholie der hier erzählten Geschichte, welche so typisch ist für viele frühere Kurzgeschichten des Autors (z. B. „This Tower of Ashes” oder „With Morning Comes Mistfall”), ist sicherlich nicht nach dem Geschmack jedes Rezipienten.
Wer sich vor diesen Gefühlen nicht fürchtet, diese an sich heranlassen kann und ansonsten gerne Werke von Jack Vance oder Clifford D. Simak ließt, dem wird auch dieses wundervolle Buch gefallen, nein, er wird es lieben.
hinzugefügt: March 30th 2006 Tester: Gunther Barnewald Punkte: zugehöriger Link: Blanvalet Verlag Hits: 2958 Sprache:
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