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Masters of Horror: Homecoming (DVD)

Masters of Horror
Homecoming
DVD
USA 2005, Regie: Joe Dante, Drehbuch: Sam Hamm, mit Thea Gill, John Tenney, Robert Picardo u.a.

Von Thomas Harbach

Eine der größten Überraschungen der ersten „Masters of Horror“-Staffel stellte zweifellos Joe Dantes böse politische Allegorie „Homecoming“ dar. Bislang galt Dante als Meister satirischer, sich inhaltlich im Rahmen konventioneller Hollywoodfilme bewegender Konvention mit einer Unzahl von Anspielungen und Hommagen an die goldeneren Zeiten des phantastischen Films. Schon sein erster echter Erstling – der für Roger Cormans Produktionsfirma gedrehte „Piranha“ nach dem zusammengeschusterten „Hollywood Boulevard“ - enthielt eine Warnung vor der Vergiftung der Umwelt. Seine brillante Satire – „The Second Civil War“ – aus dem Jahr 1997 ist jetzt erst in den Staaten auf DVD und Video erschienen, Premiere veröffentlichte diese ein oder zwei Jahre nach ihrer Produktion. In diesem als Kammerspiel inszenierten Politdrama schließt ein Bundesstaat seine Grenzen wegen einer Handvoll pakistanischer Auswanderer, die sich dort niederlassen wollen und es droht ein neuer Bürgerkrieg. Bitterböse, politisch auf der Höhe der Zeit zeichnet der Regisseur ein entlarvendes Portrait politischer Egomannen.
Karrieretechnisch dürfte „Homecoming“ und die kritisch euphorische Resonanz dem sympathischen und bodenständigen Dante helfen. Bei seinem letzten Film „Looney Tunes - Back in Action“ hat er sich öfter mit seinem Studio Warner Brothers angelegt, da weder seine Produzenten noch die Studiobosse seine überdrehte Hommage an die Screwballkomödien der 40er Jahre verstanden haben. Obwohl als Kinderfilm insbesondere in Deutschland vermarktet lohnt er sich alleine wegen der unglaublichen Zahl von Anspielungen: wann hat man zuletzt eine Persiflage der „James Bond“-Filme mit Bugs Bunny, Duffy Duck und den Daleks aus der populären „Doktor Who“ Fernsehserien gesehen?

„Homecoming“ basiert auf der bitterbösen Kurzgeschichte „Death and Suffrage“ von Dale Bailey, im Jahr 2002 erschienen und von Sam Hamm – unter anderem „Batman“ – vorsichtig erweitert worden. In der zugrunde liegenden Kurzgeschichte spekuliert der Autor nach der etwas komischen Wahl Bush, dass zukünftig auch die Toten genutzt werden können, um den Republikanern – nicht direkt ausgesprochen, aber so deutlich in Szene gesetzt, dass selbst ein Blinder deren Polemik nicht übersehen kann – in diesem Fall in Chicago zum Wahlsieg zu verhelfen. Insbesondere „Zombie“-Filme haben nicht zuletzt dank des in Pittsburgh lebenden George Romero inzwischen eine anerkannte Tradition. Mit der Rückkehr der unterdrückten Masse – durch die Toten, die aus den Gräbern zurückgekommen symbolisiert – beschreibt dieser über die letzten dreißig Jahre die Veränderung in Amerikas sozialpolitischen Verhalten. Spielte „Dawn of the Dead“ noch auf die Konsumfreude und destruktive Tendenzen in der Gesellschaft an, zeigte „Day of the Dead“ ein grimmiges, nihilistisches Bild einer zerfallenden, isolierten und in sich – nicht zuletzt durch den Druck von außen – uneinigen Gruppe von unterschiedlichen Stellvertretern der amerikanischen Schmelztiegelgesellschaft. Diese Tendenzen kumulierten in dem nur wenige Monate vor „Homecoming“ veröffentlichten vierten „Land of the Dead“, in welchem Romero genüsslich die letzten Spuren einer Zivilisation seinen wenigen noch menschlichen Protagonisten genommen hat. Während in Romeros Filmen die Zombies eine schier gesichtslose und damit auch zu Unrecht rechtlose Masse darstellen, zeigen Dante und Hamm hoch aktuell, dass diese Untoten nicht mehr einen ungerechten und zumindest - wie die Regierung in Washington argumentiert - ungerechtfertigten Krieg symbolisieren, die Untoten sind die ungeliebten, willig in Kauf genommenen und wenn es geht vor der Öffentlichkeit versteckten Kosten dieses Krieges.

Das Team hat eine kraftvolle Parabel mit einigen sehr starken, emotionalen, aber nicht pathetischen Szenen und einer ungewöhnlichen klaren moralischen Position geschaffen. In dieser beißenden Satire auf die egoistische und egozentrische Politik und den Verlust des Bezuges zum Wähler – der als Stimmvieh alle vier Jahre missbraucht werden kann - stehen die hervorstechenden ungewöhnlich offenen Botschaften in einem scharfen Kontrast zur plakativen Darstellung gegenwärtiger Politik. „Homecoming“ ist nicht nur eine der markanten Beiträge zur George Bush-Politik, Joe Dante nimmt den Collagestil Michael Moores auf und unterlegt diesen im Grunde mit einer märchenhaften und verblüffend einfachen, aber effektiven Handlung. Dank der sehr guten Beobachtungsgabe seines Teams entlarvt er in erster Linie die Säbel rasselnde Polemik einer kaum geschminkten Bush-/Cheney- Regierung und deren schwarz weißer Weltpolitik. Ausführendes Organ ist ein intelligenter, aber verblendeter Präsidentenberater Murch – Jon Tenney mit einer feinen Darstellung eines Mannes, der sein Leben dank eines dunklen Fleckes auf einer Lüge aufgebaut hat. Ihm zur Seite steht mit einer kaum getarnten Inkarnation Karl Rove eine Manipulator, zynisch, selbstverliebt, vom Ehrgeiz besessen und fest zerfressen. Wenn Robert Picardo in dieser außergewöhnlich subtil abgelegten, aber sehr plakativ gespielten Rolle, nicht nur die besten Dialoge erhält, sondern in einer Laborsequenz die Floskeln seiner fiktiven Regierung in zynischem Maße missbraucht, bleiben diese eindrucksvollen Szenen unwillkürlich im Gedächtnis. Das Triumvirat des Schreckens rundet die nach außen klischeehaft blondierte Jane Cleaver ab. Eine sexuell dominierende Opportunistin, die schnell auf jede veränderte Situation reagiert und in der Hilflosigkeit der Regierung eine Chance sieht, ihren eigenen Platz an der Sonne zu festigen. Auslöser der Katastrophe ist ein Verbrecher des Berater Murchs, der in einem Fernsehinterview auf den in Übersee von amerikanischen Soldaten ausgefochtenen Krieg und die Angriffe der Mutter eines gefallenen Soldaten floskenhaft antwortet: „ Wenn ich nur einen Wunsch hätte…. Ich würde mir wünschen, Ihr Sohn könne zurückkommen“. Das tut er… also Zombie. Plötzlich steigen die in diesem Kriege gefallenen Soldaten aus ihren mit der amerikanischen Flagge bedeckten Särgen – eine unheimliche, aber zynisch inszenierte und deswegen ungemein effektive Sequenz – und fordern ihr Recht: sie wollen wählen gehen. Als die amtierende Regierung sich um ihre Chancen „betrogen“ sieht und für die Herrschaften ist jeder andere Wahlausgang ein Betrug an ihrer Macht und ihrem Geld, greifen sie zu einem verzweifelten Mittel und versuchen, die für das Vaterland gestorbenen Soldaten ein zweites Mal zu betrügen.

Joe Dantes sehr aufschlussreicher Beitrag zur Serie „Masters of Horror“ fügt sich nahtlos in eine sich verändernde Medienlandschaft in den Vereinigten Staaten ein. Nach der zweiten Wahl George Bush beginnt sich das Klima in den USA wieder zu normalisieren. Der auch die Medien in ungewöhnlichem Maße schockierte 11. September und der folgende Eiertanz zwischen regierungstreuem Opportunismus und dem Drang, über die Wahrheit zu schreiben, löst sich mehr und mehr zugunsten der eigentlichen journalistischen Arbeit wieder auf. Die Skandale der amtierenden Regierung rücken in den Mittelpunkt und die Medienberichterstattung wird kritischer. Serien wie „Emergency Room“ haben ihre Irak-Folgen und wenn Joe Dante davon spricht, dass Krieg die Hölle auf Erden ist, der bei einem weiteren Betrug in die Regierungssitze der Republikaner zurückgetragen wird, dann spricht er zwei Tendenzen an: die Medienberichterstattung über die Vorgänge im Irak sind immer noch sehr vage und zeigen ein zensiertes Bild einer eskalierenden und kaum zu kontrollierenden Spirale der Gewalt und gleichzeitig die rücksichtslose Macht der Industrie, die diesen Präsidenten nicht nur im Amt behalten wollte, sondern seine Familie reicher und reicher macht.

Es passt in diese irrwitzige Zeit, dass ausgerechnet ein billiger Horrorfilm – im Vergleich zu den teuren, oft inhaltsleeren Politthrillern – ausgestrahlt in einem kleinen Pay-TV-Sender ein rücksichtsloses Bild dieser Regierung zeigt, überraschend offensiv und aggressiv. Wenn am Ende drei Zombies in Anspielung auf George Washingtons Befreiungskrieg vor der amerikanischen Fahne marschieren und das Weiße Haus als politisches Machtzentrum verschwindet, übergibt Joe Dante symbolisch dem Volk die Initiative zurück und weist auf die glorreiche, aber nicht zu missbrauchende Vergangenheit dieser großen Nation. Dabei operiert er weder pathetisch noch polemisch, sondern lässt in seiner geradlinigen Geschichte sich die Politiker selbst entlarven.
Viele Elemente – wie das Verbot von Photos der Särge amerikanischer Soldaten – überträgt der Regisseur nur in seine entlarvend offensive und zynische Handlung. Wenn sich unter den toten Soldaten, die aus den Gräbern steigen, auch George Romero befindet, so ist diese Hommage gleichzeitig ein Hinweis auf die in vielen seiner Filme schwellende Kritik. Auch wenn Romeros Filme im Vergleich zu Hollywood Low Budet sind, hätte er eine solch direkte und vernichtende Kritik bei seinen Produzenten nicht verwirklich können. Es ist erstaunlich, dass ein Fernsehsender wie Showtime das Manuskript ohne Veränderungen angenommen und verwirklicht hat.

Neben der effektiv dargereichten politischen Botschaft ist „Homecoming“ noch in einer anderen, eher für Joe Dante typischen Hinsicht bemerkenswert. Viele Szenen – wie auf dem Friedhof – erinnern bewusst an die klassischen Horrorfilme. Immer wieder versteckt er Anspielungen und Hinweise auf andere Meister des Horrors in seinem kurzweiligen Film. Es empfiehlt sich aber, diesen Hinweisen erst beim zweiten Ansehen zu folgen, um die oft spitzfindigen Dialoge zu genießen und dem schonungslosen Portrait einer rücksichtslosen Regierung zu folgen. „Homecoming“ stellt nicht nur den Höhepunkt der ersten Staffel der „Masters of Horror“ dar, sondern einen der wichtigsten Beiträge zum politischen Horrorfilm und so offen muss man es sagen, entlarvt viele aktuelle Science Fiction Filme – denen eigentlich die Aufgabe zeitkritischer Warnungen zugeschrieben wird – als inhaltsleer und politisch hohl.

Ein erheblicher Teil der Extras – neben den obligatorischen Trailers für sechs andere „Master of Horror“-Folgen und einer Programmvorschau – besteht wieder aus einem zerstückelten Bericht der Dreharbeiten. Routiniert wird die Arbeit an den Sets und bei den Schlüsselszenen gezeigt. Kaum Hintergrundinformationen zu den Dreharbeiten machen diese Szenen zu einem zweifelhaften und leider die DVD einseitig füllendem Vergnügen. Der Zuschauer erhält zwar einen kurzen und sehr oberflächlichen Eindruck von Joe Dantes Arbeits- und Vorgehensweise, durch die fehlenden Interviewpassagen oder Reaktionen der Teammitglieder und Schauspieler wirkt das Geschehen distanziert. Es wäre schön, wenn im Rahmen der Reihe einmal dargelegt wird, wie die Umsetzung von einer Idee, einer Textvorlage – in diesem Fall einer Kurzgeschichte – über das Script bis zu den einzelnen Szenen erfolgt. Dazu sollte der Beitrag unbedingt mit Interviews aufgelockert werden. Wenn schon ein mit dem phantastischen Genre untrennbar verbundener Filmemacher wie Joe Dante hinter der Kamera steht, bietet sich diese Vorgehensweise geradezu an. Da seine Filme vor Anspielungen fast überfließen, wäre eine Erwähnung für das unkundige Publikum obligatorisch. Auch ein Vergleich zwischen „Homecoming“ und Romeros Zombiefilmen in Bezug auf einzelne Perspektiven wäre interessant gewesen. Eine Sequenz erinnert absichtlich an den Auftakt der Reihe – „Night of the living Dead“. Weiterhin fehlen leider ein Kurzportrait Joe Dantes und seine Filmographie. Technisch – Farbwiedergabe und Ton – ist die Folge – wie bislang alle Teil der „Masters of Horror“ Reihe – einwandfrei.
Es ist schade, dass eine so herausragende und für die Intention des Genres wegweisende Episode nicht mit einem liebevolleren Rahmen umgeben ist.


DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (Widescreen anamporh)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 5.1

DVD-Extras:
Screensaver, Making of, Behind the Scenes, Interviews, B-Roll, Soundtrack, Featurettes

hinzugefügt: May 16th 2006
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Homepage zur Reihe
Hits: 3202
Sprache: german

  

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