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Masters of Horror: Sick Girl (DVD)

Masters of Horror
Sick Girl
DVD
USA 2005, Regie: Lucky McKee, mit Marcia Bennett, Angela Bettis u.a.

Von Thomas Harbach

Lucky McKee - ein „Master of Horror”? Diese Fragen stellten sich wahrscheinlich viele an der Serie interessierte Zuschauer, als sie zum wahrscheinlich ersten Mal diesen Namen als einer der dreizehn Regisseure der ersten Staffel lasen. Bislang steht ein einziger Film auf seinem Habenkonto. Im Jahr 2002 drehte er den insbesondere von der Kritik hochgelobten Thriller „May“, in dem sich eine Frau ihren Mann fürs Leben zusammenbaute. Obwohl eine deutliche und bewusste Anlehnung an die Äonen von Frankenstein-Filmen konnte die Geschichte einer schüchternen jungen Frau und ihren vorsichtigen Versuchen, aus dem selbst gewählten Elfenbeinturmexil auszubrechen nicht zuletzt dank der emotional überzeugenden Schauspielerleistung überzeugen. In diesem Jahr wird McKees zweiter abendfüllender Spielfilm „The Woods“ mit Bruce Campbell in einer Hauptrolle zumindest auf einer Reihe von Festivals aufgeführt. Für die „Master of Horror“ sprang er als Ersatzmann für Roger Corman ein, der sein Engagement aus persönlichen Gründen zurückgezogen hat. McKee musste nicht nur kurzfristig einspringen, sondern auch das Corman- Script übernehmen. „Sick Girl“ basiert auf einer Kurzgeschichte von Sean Wood und hat deutliche Bezüge zu Roger Cormans billigen, aber sehr effektiven Horrorfilmen der 60er Jahre. Es fällt vielleicht zu leicht, die Geschichte in der vorliegenden Fassung und mit dem wirklich talentierten, aber hier nur sehr bemühten Regisseur zu kritisieren. Viel schwerer ist es, die Intention hinter der eigentlichen Episode als Hommage an eine längst vergangene Kinozeit der Drive-Ins herauszuarbeiten und so zwischen den Zeilen eine Reihe von interessanten Konstanzen zu entdecken.

Angela Bettis – Hauptdarstellerin in McKees erstem Film „May“ – in der Rolle der lesbischen Insektologin Ida Teeter, deren Freundinnen vor ihrem auch in den privaten Bereich ausufernden Beruf eine Heidenangst haben. Gutgemeinte Ratschläge ihres heterosexuellen Kollegen ignoriert sie. Dann geschehen zwei Ereignisse fast gleichzeitig, die ihr Leben im wahrsten Sinne des Wortes aus der Bahn werfen: sie erhält aus Brasilien ein Paket mit einer neu entdeckten Insektenart. Diese entkommt recht schnell ihrem Behältnis und nistet sich in Idas Wohnung ein. Im Kopfkissen. Fast parallel fängt die an sich schüchterne Ida ein Verhältnis mit der langhaarigen – ihre Haare verdecken in den ersten Szenen sehr schön das anmutige Gesicht – jungen Misty an, die ihr auf dem Campus aufgefallen ist. Als sie nach einem Saufgelage einschläft, bringt diese ihr unwissentlich das Kopfkissen mit dem Insekt darin. Es kommt Mistys Ohr recht nahe und spritzt ihr anscheinend ein Sekret, dasihr Verhalten vollkommen verändert. Sie wird aggressiv und provoziert die erzkonservative Vermieterin Idas.

Selbst in einer detaillierten Zusammenfassung lässt sich aus der alt bekannten Geschichte wenig Fleisch gewinnen. Es ist erstaunlich, dass McKee es im Vergleich zu einer Reihe seiner Kollegen bei dieser Show schafft, die Zuschauer vor dem Bildschirm zu halten. Das liegt in erster Linie an der gelungenen Synthese aus Hintergrund – 60er Jahre Flair mit entsprechender Musik und modernem Ambiente in eine Art Niemandsland extrapoliert – und ungewöhnlich intensiver Charakterisierung der einzelnen, wenigen Protagonisten dieses Kammerstücks. Im Gegensatz zur literarischen Vorlage beginnt McKee seine Interpretation mit der sexuellen Orientierung der beiden jungen Frauen. Messerscharf beobachtet ohne in blanken Sensationalismus oder gar billige Pornographie auszuweichen analysiert der Regisseur trotz einzelner weich gezeichneter Passagen das labile Verhältnis der beiden Frauen. Fast unmerklich analysiert Kamermann Attila Szalay in einer direkten Hommage an Hitchcocks „Fenster zum Hof“ Idas Wohnung. Ihr persönlicher Hintergrund, ihr Leben wird unsensationell vor dem Zuschauer ausgebreitet. Der nächste Schritt ist das Entblößen ihrer emotionalen Seite. Mit einem Schuss Humor – insbesondere die Dialoge mit ihrem männlichen Kollegen gehören bislang zu den besten der gesamten Serie – verfolgt der Zuschauer eine überzeugende Liebeswerbung. Fast blitzartig schlägt das Szenario im letzten Drittel der Folge um: aus der zart wachsenden Liebe wird urplötzlich Furcht. In der Rolle der Misty überzeugt Erin Brown mit einer Tour-de-Force-Leistung. Innerhalb einer knappen Stunde präsentiert sie sich als schüchternes Mädchen, leidenschaftliche Liebhaberin – McKee lässt hier ganz bewusst offen, ob es ihre erste lesbische Beziehung ist - , dann als eifersüchtige und aggressive „Ziege“, bevor sie schließlich zu einem „echten“ Monster mutiert. Im Gegensatz zum kleinen Insekt aus dem Päcken zu Beginn der Folge überzeugen im klassischen und entsprechend blutigen Showdown die Spezialeffekte von KNB EFX gänzlich.

McKee unterstützt die Inszenierung durch einen Rückgriff auf die klassischen „Die Fliege“-Filme und ihre Fortsetzungen. Er lässt insbesondere die Insektenforscherin hoch geknöpfte, altmodische Kleider tragen. In einigen Szenen wirkt sie wie die typische Dorfschullehrerin, um sich dann ganz bewusst und zielgerichtet überraschend anders zu verhalten.

Das Problem an dieser Folge stellt das fehlende Gleichgewicht zwischen der sehr pointierten Charakterisierung der einzelnen Protagonisten und dem eigentlichen Horrorgehalt der Folge dar. Im Gegensatz zum sehr dynamischen und intelligenten Aufbau folgt die zweite Hälfte der Folge den inzwischen ins klischeehafte übersteigerten Grundregeln solcher C-Filme wie „The Wasp Woman“. So sehr sich McKee auch bemüht, zwischen den Vorurteilen der Gesellschaft gegenüber Homosexuellen einen Zusammenhang zu deren Abneigung gegenüber Insekten herzustellen, so sehr verliert er mit dieser Absicht seine Zuschauer. Zu bemüht, die Folge auf einer befriedigenden Note abzuschließen – bei diesem Szenario eine Unmöglichkeit schlechthin. Der Zuschauer muss unvoreingenommen und leider relativ unkritisch McKees cineastischer Vision mit ihren unzähligen Anspielungen – diese reichen neben den Erwähnten von Michael Powells „Peeping Tom“ bis zu einer animierten Sequenz, die Ähnlichkeit mit dem Beatles Film „Yellow Submarine“ nicht verleugnen kann – folgen. Sobald er beginnt, kritisch über diese Folge nachzudenken, verliert diese schnell an Effektivität. „Sick Girl“ könnte die pulpige Funfolge der ersten Staffel sein, schauspielerisch gehört sie allerdings in die Spitzengruppe. Schade, dass der Plot nicht origineller gestaltet worden ist.

Als Beigabe finden wir eine Reihe von Interviews mit allen wichtigen Personen vor und hinter der Kamera. Diese sind von unterschiedlicher Länge und unterschiedlicher Substanz. Den Interviewreigen eröffnet der Regisseur. Sehr eloquent antwortet er auf die präzisen Fragen. Der Spaß, diese Folge trotz des Zeitdruckes und eines Drehbuchs, an dem er wenig ändern konnte, zu inszenieren, ist deutlich zu spüren. Er geht auf die einzelnen Abschnitte des Drehs ein, spricht von der guten Kooperation der einzelnen Schauspieler und der harmonischen Atmosphäre am Set und lobt die Jungs von KNB. Insgesamt ein wenig zu euphorisch – wenn nicht McKee, wer dann? – und mit wenigen wirklich substantiellen Informationen, aber angenehm zu sehen und anzuhören. Eine der Hauptdarstellerinnen – Angela Bettis – sieht in ihrer Rolle die Chance, einen „männlichen“ Charakter zu spielen. Sie verneint nicht, dass die lesbischen Szenen ihr einen Kick gegeben haben und lobt insbesondere ihren Regisseur McKee, aber auch die schöne und überzeugende Ausgestaltung ihrer Rolle. Ein kurzer Interview mit seinem Vater – der so obligatorischer Good Luck Cameo als Vater des Käfermädchens hat – ist von der Seite des Interviewten mit viel Witz und Ironie geführt, während der Fragende sich ernst an sein inzwischen über den Haufen geworfenes Konzept zu halten sucht. Antworten auf die Fragen nach dem Regisseur werden am besten durch die im Anhang befindliche, obligatorische und in diesem Fall informative Biographie beantwortet.

Die vielleicht siebenjährige Chandra Berg fasst mit großen Augen die Dreharbeiten aus ihrer kindlichen, aber nicht kindischen Perspektive sehr schön zusammen. Diese spontanen Frage- und Antwortspiele heben noch einmal deutlich das am Set vorherrschende Zusammengehörigkeitsgefühl hervor, auch wenn sie über keinen echten Informationsgehalt verfügen. Jesse Hlubik in der männlichen Hauptrolle berichtet nicht nur von seinem persönlichen Hintergrund und der langjährigen Zusammenarbeit mit beiden McKees, sondern weist auch auf „Roman“ hin. Diesen Film hat die Hauptdarstellerin von „Sick Girl“ und „May“ Bettis als Regisseurin mit dem Hauptdarsteller McKee gedreht. In dieser umgedrehten „May“ Geschichte ist McKee der introvertierte schüchterne junge Mann, der plötzlich durchdreht. Leider finden sich im Gegensatz zur Originalpressung keine Ausschnitte aus diesem bislang unveröffentlichten Werk. Als letztes findet sich ein abschließendes Interview mit der zweiten weiblichen Hauptdarstellerin „Misty Mundae“ alias Erin Brown. Sie versucht mit Händen und großartiger, fast übertriebener Mimik ihre Rolle in Worte zu fassen. Sie geht kurz auf die Special Effekte ein, deren „persönliches“ Opfer sie ja geworden ist. Sie betont noch einmal die Idee, keine romantische Komödie zu drehen, sondern einen klassischen Horrorfilm mit einem Hang zu subtilen Humor.

Brad McDonald vom Special Effects-Team berichtet in erster Linie über die tierischen Darsteller. Unterstützung findet er in der Sequenz, in der die „Spinne in der Maske“ ist. Das Special zeigt, wie die kleinen Tiere auf ihre Rolle vorbereitet und ihre natürlichen Farben aus Effektivitätsgründen bedrohlicher gestaltet worden sind. Im Gegensatz zu einigen anderen Berichten hinter den Kulissen können die Zuschauer den Gesprächen am Set sehr gut folgen und einen kompakteren Eindruck von den eigentlichen Dreharbeiten gewinnen. Auf der vorliegenden Pressung fehlte das Interview unter dem Titel- man wurde direkt wieder zu Lucky McKees Vater umgeleitet. Dieser Abschnitt der Kritik bezieht sich auf die Anchor Bay Pressung.

Technisch gehört diese DVD zu den besten Pressungen. Ein sehr sauberes Bild wird unterstützt durch eine sehr gute Klangqualität. Insbesondere die Wiedergabe der alten Songs im Hintergrund wirkt nicht bombastisch oder übertrieben, sondern passt sich exzellent in die gesamte Präsentation ein.


DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (Widescreen anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 5.1

DVD-Extras:
Screensaver, Making of, Behind the Scenes, Interviews, B-Roll, Soundtrack, Featurettes

hinzugefügt: June 15th 2006
Tester: Thomas Harbach
Punkte:
zugehöriger Link: Homepage zur Reihe
Hits: 3029
Sprache:

  

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