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Masters of Horror: Incident on and off a Mountain Road (DVD)

Masters of Horror
Incident on and off a Mountain Road
DVD
USA 2005, Regie: Don Coscarelli, mit John DeSantis, Ethan Embry u.a.

Von Thomas Harbach

Wie vielleicht noch Robert E. Howard vor mehr als siebzig Jahren verkörpert Joe R. Landsdale mit seinen Horror- und Krimigeschichten den typischen texanischen Autoren im besten Sinne des Wortes. Seine Storys sind wilde, stilistisch ausgeprägte und vor allem überraschend konzipierte Extravaganzen. In ihren explizierten Bildern kaum verfilmbar. Auf der anderen Seite Don Coscarelli, für immer mit seiner Low Budget- und trotzdem sehr unterhaltsamen „Phantasm“- Reihe im Herzen der Fans verankert. Auch wenn mancher Fan seine Nase über den Titel „Master“ im Falle Coscarellis rümpfen könnte, gehören seine Handvoll Horrorfilme zusammen mit seinem in Bezug auf Popularität ungekrönten TV- Klassiker „The Beastmaster“ in die gehobene Unterhaltungssparte. Während seine anderen oft wenig subtilen, dafür mit surrealistischen Passagen versehenen Filme oft Science Fiction oder Fantasy- Elemente mit Horror kombiniert aufweisen, erzählt er hier eine kleine, gemeine und phasenweise außergewöhnlich brutale Geschichte.

Die Verfilmung der Landsdale Kurzgeschichte durch Don Coscarelli im Rahmen der „Masters of Horror“ Reihe ist nicht ihre erste Zusammenarbeit. Vor einigen Jahren extrapolierte der Regisseur einen überdrehten Landsdale-Text zum Bruce Campbell Vehikel „Bubba Ho-Tep“. Jetzt liegt mit dieser Zusammenarbeit nicht nur eine der visuell interessantesten, sondern inhaltlich bösartigsten und comichaftesten - ohne in den Bereich der ungewollten Komik abzugleiten - Episoden der ersten „Masters of Horror“-Staffel vor. Schon in der zugrunde liegenden Kurzgeschichte spielt Joe Landsdale gegen die typischen Klischees der hilflosen jungen Frau isoliert im dunklen Wald, ständig bedroht von einem in „Texas Chainsaw Massacre“ Manier agierenden degenerierten „Wilden“.

Mitten in der Nacht, mitten in den einsamen Bergen wird Ellen – eine Tour de Force Darstellung der bislang unbekannten Bree Turner, sie überzeugt in den Rückblenden als hübsche, aber hilflose und später als selbstbewusste, durch das Überlebenstraining ihres Partners gestählte Frau – in einen Verkehrsunfall verwickelt. Als sie einen Moment nicht aufmerksam auf die Fahrbahn sieht, rammt sie ein unbeleuchtendes, quer stehendes Fahrzeug. Als sie dieses untersucht, fällt ihr eine Blutspur auf, die von den Sitzen über die Straße zum Rand führt. Am Hang sieht sie eine dunkle Gestalt mit einem großen Schlapphut, die einen unförmigen Gegenstand den Abhang hinauf zur Straße zieht. Näher kommend erkennt sie eine gefesselte Frau, die um Hilfe ruft.

Nie hätten Ellen gedacht, dass das Überlebenstraining ihres nihilistisch eingestellten Ehemanns Bruce – eine facettenreiche Darstellung Ethan Embreys – ihr im Kampf mit einem bleichen, kahlköpfigen, riesigen und mit Metallzähnen ausgestatteten Psychopathen in einem gottverlassenen Winkel Amerikas so helfen könnte.

Bevor der Zuschauer sich weitere Gedanken über die Handlung oder gar den Plot machen könnte, lockt sie Coscarelli schon auf die falsche Fährte. Ellen macht den inzwischen zum Klischee gewordenen Fehler vieler weiblicher Protagonisten. Auf dunkler Straße kümmert sie sich um das Radio und nicht um den Verkehr. Folgerichtig der Unfall, folgerichtig ein Wagen, der nicht mehr anspringt, fünfundsiebzig Meilen von der nächsten Tankstelle in einer Vollmondnacht.

Nicht umsonst haben die Produzenten von „Masters of Horror“ schließlich die Ausstrahlungsreihenfolge getauscht und „Incident …“ zum neuen Pilotfilm der Serie gemacht.

Von Beginn an inszeniert Coscarelli seinen „Incident on and off a Mountain Road“ – schon alleine dieser Titel zeigt die Intention des Autoren/Regieteams –wie einen typischen Chase- Thriller. Sehr kompakt, sehr konzentriert, ohne dem Zuschauer viele Informationen zu geben, stellt er uns die Protagonistin vor. In Rückblenden bringt er die Außenstehenden auf den gleichen Informationsstand wie Ellen. Wir sehen ihr bisheriges Leben ungeschönt. Verheiratet mit einer anderen Art von Psychopath. Als sie schließlich dem Monster begegnet, stellt man sich unwillkürlich die Frage, ob dieser Comiccharakter wirklich die Bedrohlichkeit und gewalttätige Ausstrahlung ihres Ehemanns erreichen könnte. Wo dieser subversiv vorgeht, malt das Monster die Leinwand blutrot an. In „MacGuyver“-Tradition kommt es schließlich zum fast dreißig Minuten andauernden Showdown. Insbesondere zu Beginn seiner rasant geschnittenen Folge macht Coscarelli nicht den Fehler, die intensive Spannung mit Humor oder humorvollen Einlagen zu verwässern. Erst nach rund der Hälfte der Folge gönnt sich und seinem Publikum der Regisseur eine kleine Pause und fügt mit Buddy einen verrückten, in den Rollstuhl gefesselten Charakter ein. Wirklich sehr gut von Angus Scrimm alias „Tall Man“ in den „Phantasm“-Filmen gespielt. Sein Ende unterstreicht die zynische, aber folgerichtige Inszenierung der letzten Minuten. Immer wieder rechnet der Betrachter mit einem Überfall aus dem Dunkeln, eine Wiederauferstehung des Bösen in unwahrscheinlicher, aber effektiver Form. Wie die Regie mit diesen Elementen spielt, ist eine perfekte Wiedergabe von Landsdale oft übermächtig zynischen Geschichten. Wenn schließlich die Intention Monster gebiert Monster offensichtlich wird, hat Don Coscarelli nicht mehr den Raum, der Charakterwandlung genügend Raum zu geben. Sie wirkt ein wenig krass, einseitig gemalt durch die intensive Rückblende. Im Grunde ist der Zuschauer unsicher, ob Ellen nicht von Beginn an die gewisse Grenze zu überschreiten drohte. Das Training ihres Mannes und schließlich die Begegnung mit „Moonface“ könnten dann nur noch als Katalysatoren dienen. In Bezug auf Motive und Motivation gelingt dem Team Coscarelli/Landsdale und Steven Romano eine überzeugende Inszenierung.

Auch die Komposition des Plots unterscheidet sich deutlich, zu Beginn aber fast unmerklich von ähnlichen Filmen oder Romanen. Alle Charaktere sind im Grunde auf Augenhöhe. Es finden sich zumindest in der laufenden Handlung keine Teenager, die von dem Monster geschlachtet werden. Auch ragt der Held – in diesem Fall die Heldin – weder körperlich noch von ihrer Intelligenz deutlich aus der Masse heraus. Moonface ist eine bedrohliche Erscheinung. Die Zuschauer können seine Trophäen sehen. Sein Augenbohrer ist eine gefährliche Waffe, Coscarelli zeigt seinen Einsatz am einzigen, wirklich klischeehaften weiblichen Opfer des Films. Diese dient als Resonanzkörper, um die Unterschiede zwischen ihr und Ellen noch explizierter zu demonstrieren. Im Laufe ihrer Auseinandersetzung werden sich Moonface und Ellen gegenseitig verletzen. Sie versuchen, den Gegner auszutricksen und mehr mit Intellekt und Intelligenz den Sieg davonzutragen. In einer herausragenden, sehr subtil inszenierten Szene bewundert das Monster Moonface eine von Ellens Fallen und in seinem Gesicht zeigt sich deutlich Respekt vor einem fast ebenbürtigen Gegner. Hier erinnert der Film unwillkürlich, aber unbeabsichtigt an Arnold Schwarzeneggers „Predator“- Film. Auch in diesem Science Fiction/Horror/ Kriegsfilm kommen sich die beiden Feinde ohne Grund über ihre Jagd näher und zollen sich schließlich gegenseitigen Respekt.

Obwohl im Dunkeln spielend und zum Teil auf viel Regen zurückgreifend, wirkt der Einsatz von Blitzen selbst für ein Gewitter in den Bergen übertrieben. Natürlich brauchte das Team diese „natürliche“ Lichtquelle, um teilweise die sehr schwarzen Passagen beim ersten Waldkampf natürlich zu erhellen und dem Zuschauer einen Einblick in die Psyche der Charaktere zu gewähren. Doch im Laufe der Handlung nutzt sich dieses Element zu schnell und zu stark ab. Ansonsten nutzt Kameramann Jon Jaffin die „natürlichen“ Begebenheiten sehr effektiv aus. Die Atmosphäre dieser Folge ist fast durchgehend bedrohlich, ein wenig „freaky“ und unterstützt die zugrunde liegende Handlung sehr gut.

Aber nicht nur die Idee einer zerrütteten Ehe als Kontrastpunkt zu der Auseinandersetzung mit einem Monster/Killer ist ein Beweis für die Originalität dieser Geschichte. Die Wälder gehen nahtlos auf ein Set aus einem kafkaschen Alptraum über. Die gekreuzigten Opfer erinnern nicht zu Unrecht an die „Children of the Corn“-Filme, die Hütte könnte direkt aus „The Texas Chainsaw Massacre“ stammen und der Kampf über dem Abgrund eines vom Vollmond bestrahlten Flusses erinnert unwillkürlich an die Äonen von „Dracula“- Filmen. Ohne zu kopieren verneigt sich Coscarelli in dieser Hommage an die goldenen Zeiten des Splatterfilms vor den inzwischen modernen Klassikern. Mit seiner Inszenierung und vor allem seinem bitterbösen Humor hat der Regisseur das Spektrum des klassischen Splatterfilms um eine interessante Komponente erweitert. Mit „Moonface“ hat das Team auch noch ein weiteres Monster erschaffen, das vielleicht in einer weiteren Folge wieder zum „Leben“ erweckt wird.

Die Extras dieser Folge sind auch außergewöhnlich. Nicht einen Audiokommentar, sondern zwei finden sich auf dieser DVD. Beide mit Don Coscarelli. Im ersten spricht er mit Joe Lansdale, im zweiten mit Steven Romano, seinem Drehbuchpartner. Wie sehr sich Landsdale und Coscarelli verstehen, erkennt man schon nach den ersten Sätzen. Beide bewundern die Arbeit des anderen und versuchen für den Zuhörer wichtige Informationen über die ursprüngliche Kurzgeschichte und die anschließende Umsetzung in eine „Masters of Horror“-Filme zu erläutern. Dabei gehen sie nur selten auf den im Hintergrund laufenden Film ein. Die Folge basierte auf einer sechzehnseitigen Geschichte Lansdale. Der Mittelteil dieser Folge basiert direkt auf der Folge und es interessant, wie Lansdale die Integration in einen größeren Rahmen sieht. Sehr offen den leichten Veränderungen gegenüber akzeptiert er nicht nur die erweiterte Fassung, er kommentiert sie fast euphorisch. Coscarelli versucht losgelöst von der eigentlichen Folge insbesondere die charakterliche Entwicklung Ellens in den Mittelpunkt seiner Argumentation zu stellen und gemeinsam erarbeiten sich die beiden sehr sympathischen und eher bodenständigen Männer eine hörenswerte Argumentationsbasis. Wenn Schauspieler wegen ihrer Leistung gelobt wird, hat diese Hymne oft etwas von Eigenlob, von Vetternwirtschaft an sich. In diesem Fall stellt insbesondere Landsdale die einzelnen Facetten ihrer Darbietung mit texanischer Direktheit sehr gut heraus und leitet den Zuschauer so auf einige vielleicht beim ersten Ansehen untergegangene Details. Der zweite Kommentar mit Don Coscarelli und seinem Drehbuchautoren Steven Romano ist noch deutlicher besser. Zu Beginn von einigen sehr gut gestellten Einleitungsfragen zum Erzählen animiert, verfolgen die beiden „Macher“ dieser Folge nicht nur das Geschehen – so weisen sie die Zuschauer auf die Schnitte zwischen Studioaufnahmen und dem Outdoor-Szenen immer wieder hin und verdeutlichen den wirklich nahtlosen Übergang -, sondern sie geben der Entstehung einer solchen Folge vom Entwerfen des Scripts über die ersten Besprechungen bis zum Abschluss der anstrengenden Dreharbeiten ein Gesicht. Sehr fließend berichtet mit angenehmen Stimmen und einem Hauch Humor ohne ins Alberne abzugleiten. Insbesondere Coscarelli gelingt es, auf typische Klischeefragen gut zu antworten. So sagt er deutlich, dass „Inicident“ im Grunde nicht das Schicksal Moonface behandelt, sondern die von ihrem Mann bis an den Rand der Schikane ausgebildete Ellen im Mittelpunkt steht und es sinnvoll wäre, hier eine Fortsetzung zu schreiben. Diese könnte in der Wüste spielen.

Die Berichte zu den Dreharbeiten lassen sich deutlich in zwei Teile aufspalten. Einmal steht im Mittelpunkt die Inszenierung des Unfalls. Hier ist es erstaunlich, wie lange und wie detailliert diese Szene geplant worden ist, wie viele Personen an der eigentlichen Realisation beteiligt sind und wie hoch das Budget im Vergleich zu vielen anderen Don Coscarelli Filmen wirklich ist. Die anderen „Behind the Scenes“ zeigen wieder unkommentierte Bilder von den Dreharbeiten aus verschiedenen Perspektiven. Hier wäre es sinnvoll gewesen, den Bericht über die Dreharbeiten mit dem vorhandenen Audiokommentar zu erweitern.

Nicht nur inhaltlich, sondern dank der beiden wirklich empfehlenswerten Kommentare stellt „Incident on and off a Mountain Road“ eine gelungene Überraschung dar und die Folge zeigt deutlich, welches Potential in Don Coscarelli steckt, wenn man ihm zumindest ein nennenswertes Budget zur Verfügung stellt.



DVD-Facts:
Bild: 1,78:1 (Widescreen anamorph)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 5.1

DVD-Extras:
Audiokommentare, Screensaver, Making of, Behind the Scenes, Interviews, B-Roll, Soundtrack, Featurettes

hinzugefügt: July 7th 2006
Tester: Thomas Harbach
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