Mary Gentle
1610 - Söhne der Zeit
(1610 - A Sundial in a Grave)
Aus dem Englischen übersetzt von Rainer Schumacher
Titelillustration: Les Edwards
Bastei-Lübbe, 2006, Taschenbuch, 269 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 3-404-20544-8
Von Carsten Kuhr
Was im Original ein einziger, zugegeben dicker Roman war, das wird in der Übersetzung in drei Teile aufgesplittet.
Erneut berichtet uns der Mörder, Duellant und Spion Rochefort von seinem abenteuerlichen Leben Anno Domini 1610. Auf den Spuren des flüchtigen Robert Fludd, der mittels Mathematik die Zukunft berechnen kann, hat er sich gen Japan aufgemacht, um Fludd aus den Händen seines ehemaligen Freundes, eines Samurai zu befreien. Nur mit Fludd als Pfand vermag er Sicherheit nicht nur für sich, sondern auch für seinen Arbeitgeber, den ehemaligen Finanzminister Frankreichs zu erlangen. Doch zunächst gilt es Fludd vor dem scharfen Rapier seine Geliebten zu schützen, die ihre Vergewaltigung mit scharfer Klinge zu rächen sucht. Zurückgekehrt nach Europa muss Rochefort allerdings erkennen, dass trotz seines Wissens um die Zukunft nicht alles berechenbar ist ...
Lasen sich die ersten beiden Teilromane um das faszinierende Leben des französischen Lebemannes noch rund, und in sich abgeschlossen, so vermochte es dieser abschließende Teil nicht, mich wirklich zu überzeugen.
Abgesehen davon, dass sich der Leser ohne die Kenntnis der beiden ersten Teile in der Handlung nicht zurechtfinden kann, liest sich das Buch nicht rund. Es fehlt ein wirklicher Handlungsbogen mit einem Anfang und einem Finale. Statt dessen ein lauer Abgesang, der den Leser ohne wirkliches Ende zurücklässt. Die Handlung vergaloppiert sich in Banalitäten, die plötzliche Duldsamkeit mit dem früher so verhassten Fludd ist nicht nachvollziehbar aufbereitet.
Natürlich bietet auch dieser Teil wieder die Gentle-typische Authentizität, wobei diese, insbesondere was den Teil anbelangt, der in Japan angesiedelt wurde, nicht so zu überzeugen weiß wie die Berichte über Paris oder London. Hier merkt man der studierten Historikerin Mary Gentle an, dass sie nicht über dieses profunde Detailwissen verfügt, wie dies über die Zustände in Europa der Fall ist. Um es deutlich zu sagen, der Handlungsabschnitt in Japan bleibt diffus, das Land und die Menschen darin nehmen nie richtig deutlich Gestalt an. Angesichts der relativen Kürze des Bandes stellt sich die Frage, warum man diesen Teil nicht im zweiten Teilroman integriert hat.
Nicht unbedingt ein würdiger, ein überzeugender Abschluss eines Romans, dessen erste beide Teile den Leser zu packen verstanden, ja förmlich mitrissen.