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Warhammer 40.000: Inquisitor, Ian Watson (Buch)

Warhammer 40.000
Ian Watson
Inquisitor
(Inquisitor)
Übersetzung: Walter Brumm
Heyne, 1997, Taschenbuch, 286 Seiten, ISBN 3-453-10911-2

Von Frank Drehmel

Der Geheimauftrag, der Jaq Draco und seine Vertrauten - die Callidus-Assassine Meh Lindi, den Navigator Vitali Gogol und den Maschinisten Grimm - auf Befehl des Ordo Malleus-Großmeisters Baal Firenze incognito auf den Planeten Stalinvast führt, lautet: Überwachung des Säuberungsfeldzuges, den der Inquisitor Harq Obispal gegen die nichtmenschlichen Genräuber und ihre Nachkommen führt, um so die Infiltration und den Fall der für das Imperium wichtigen Welt zu verhindern. Dass Obispal bei seiner Mission mit äußerster Brutalität vorgeht und nicht davor zurückschreckt, die bienenstockgleichen Makropolen der Welt zu verwüsten und Millionen menschlicher Opfer zu Leichenbergen aufzutürmen, bedauert Jaq Draco, der ein solches Gebaren grundsätzlich ablehnt, zwar, jedoch muss er den durchschlagenden Erfolg des Mannes bei der Vernichtung der Alienrasse anerkennen.

Kaum haben der rücksichtslose Inquisitor und seine Armeen nach getaner Arbeit den Planeten verlassen und die Menschen begonnen, die Folgen des Krieges zu beseitigen, ereilt Jaq Draco, während er seine mystischen Tarot-Karten zu Rate zieht, die Vision einer heraufziehenden Gefahr, deren Urheber ein bizarrer Harlekin, Zephro Carnelian, zu sein scheint. Dieser seltsame Mann führt den geheimen Ermittler tief in die Ruinen der Städte Stalinvasts, wo ein Ungeheuer wuchert, ein künstliches Wesen, eine Hydra - halb Materie, halb Immaterium -, die, genährt durch Gewalt und Emotionen, mit ihren geisterhaften Tentakeln nach den Seelen der Menschen greift. Unfähig, das Monster zu vernichten, verlassen Draco und seine Gefährten den vermeintlich verderbten Planeten, um mit ihrem Schiff, der Tormentum Malorum, in den Tiefen des Weltraums nach den Urhebern und Ursprüngen des Gebildes zu suchen. Auf einer Space-Hulk - einer im Immaterium treibenden Ansammlung zahlreicher, miteinander verbundener Raumschiff-Wracks - und einem Planeten nahe dem „Auge des Schreckens“ kommen sie einer ungeheuerlichen Verschwörung auf die Spur, welche die psychische Versklavung der Menschheit zum Ziel hat. Draco sieht nur einen Weg, dieser Gefahr zu begegnen: er muss nach Terra reisen, um den Gottkaiser von der Existenz der Hydra und der Verschwörung zu unterrichten. Doch was ist, wenn der Kaiser längst dem Wahnsinn verfallen selbst der Urheber des perfiden Plans ist?


Die technologische Ambivalenz des „Warhammer 40.000“-Szenarios - auf der einen Seite Raumschiffe und Plasmawaffen, auf der anderen zahlreiche barocke Gestaltungselemente in Verbindung mit einer fortschrittsfeindlichen Ideologie - spiegelt sich bei Watson mehr als bei allen anderen „Warhammer“-Autoren auch auf der sprachlichen Ebene wider, wobei man in diesem Zusammenhang dem Übersetzer, Walter Brumm, eine kongeniale Übersetzung bescheinigen muss.
Sätze wie, „Eine großartige und furchtbare Vision. Und Jaq würde die Hydra weitum verbreiten. Doch als er sinnend in seiner Schlafzelle lag, wandelten ihn Zweifel an.” [S. 183], oder auch die Verwendung heute ungebräuchlicher Worte wie „skrupulös“ oder „handgemein” erzeugen eine merkwürdig anachronistische, nichtsdestotrotz aber sehr intensive Atmosphäre, die durch eine geradezu opulente und eindringliche Metaphorik – „Wolken eiterten, vertropften klebrigen Schleim statt Regen. Ihre Zusammenballungen ähnelten formlos quellenden Gruppen faulender Geschwüre.” [S. 205] - nochmals verstärkt wird. Im Vergleich und Kontrast zu Watsons Werk erscheinen die „Warhammer“-Romane der Kings, Abnetts oder McNeills sprachlich leer, fast schon armselig.

So reichhaltig die Sprache, so komplex ist auch der Hauptcharakter Jaq Draco, der explizit nicht jenen Kadavergehorsam an den Tag legt, der herausragendstes Merkmal seiner zahlreichen Epigonen - Ragnar, Kommissar Gaunt, Uriel Ventris u.a .- ist. Auch wenn Draco in einem tiefen, religiösen Glauben an den Gottkaiser einem faschistischen System dient, so sind es doch seine Zweifel - an sich, an seinen Vorgesetzten, am Gottkaiser selbst - und die Suche nach Wahrheit bzw. Erkenntnis, die sich wie ein roter Faden durch das Buch ziehen. Angesichts Dracos Präsenz verblassen die restlichen Charaktere - Meh Lindi, Vitali Gogol, Grimm auf der einen, Moma Parsheen - eine uralte Astropathin - und Zephro Carnelian auf der anderen Seite -, ohne dabei jedoch zu austauschbaren Größen zu verkommen.

Die Story selbst ist zwar insgesamt sehr gradlinig konstruiert - kaum Rückblenden, ausschließlich Dracos Perspektive -, lässt den Leser aber lange Zeit im Unklaren darüber, in welche Richtung sie sich entwickeln wird und welches die Motive der einzelnen Charaktere sind. Dieses erzeugt erst einmal „nur” Spannung; wirklich interessant wird die Geschichte -abgesehen von der sprachlichen Ebene - durch einen tiefen Mystizismus und die für das Genre - insbesondere die „Warhammer“-Romane - unüblichen metaphysischen und philosophischen Diskurse, deren Qualität man -angesichts der Zielgruppe des Romans- allerdings auch nicht überbewerten sollte.

Ein einziger Wermutstropfen schmälert das Lesevergnügen und dieser bezieht sich - wie so oft bei Heyne-Taschenbuch-Massenware „jener Zeit“ - auf das mangelhafte Lektorat und offensichtlich fehlende Fachlektorat, in dessen Folge sich zum einen zahlreiche Rechtschreibfehler eingeschlichen haben, zum anderen spezifische WH40k-Begriffe einen ungewohnten Klang erhalten. Mehr als ausgeglichen werden diese Schwächen allerdings durch eine kurze - ”damals” noch übliche, heute vom Verlag als überflüssig erachtete - Einführung in den Hintergrund, die unerfahrenen Lesern einen Zugang zu jenem düsteren Universum eröffnen soll.

Fazit: Der Referenz-Roman des WH40k-Universums, an welchem sich alle nachgefolgten und nachfolgenden Werke messen lassen müssen. Nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch eine großartige, düstere Space Opera! Uneingeschränkt empfehlenswert!

hinzugefügt: July 16th 2006
Tester: Frank Drehmel
Punkte:
zugehöriger Link: Heyne Verlag
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