Williams, Tad: Der Brennende Mann (Buch)

Tad Williams
Der Brennende Mann
(The Burning Man)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Joachim Körber
Klett-Cotta, Hardcover 2004, 105 Seiten, 12,00 EUR ISBN 3-608-93696-3

Von Carsten Kuhr

Der Klett-Cotta Verlag hat in den letzten Jahren immer wieder einmal kleine Büchlein veröffentlicht, die dem Leser eine Novelle oder Kurzgeschichte eines bekannten und beliebten Autoren offerierten. Von Tad Williams sind hier mit "Die Insel des Magiers" und "Die Stimme der Finsternis" bereits zwei Werke aufgelegt worden. Die beiden dünnen Bändchen scheinen ihre Leser gefunden zu haben, so dass auch im diesjährigen Frühjahrsprogramm wieder eine entsprechende Veröffentlichung der Leser harrt.
1999 wurde die vorliegende Geschichte bereits im bei Heyne erschienen Sammelband "Der siebte Schrein" Erstveröffentlicht, ein Hinweis auf diese Publikation fehlt im Impressum leider.

Tad Williams hat zwei große, beeindruckende Sagen geschaffen. Neben der bei Klett-Cotta publizierten Otherland Saga wurde er durch seine Chronik von Osten Ard, die bei Krüger erschien bekannt und beliebt. Vorliegende Erzählung ist in diesem Sagenkreis angesiedelt.

Eine alte Frau, die fast am Ende ihres Lebensweges angekommen ist erzählt von der wohl wichtigsten, prägendsten Stunde ihres Lebens. Als Tochter eines alten Geschlechts, das seit Jahrzehnten die Anführer in einem kleinen Fischerdorf an der kargen Küste stellte wurde sie geboren. Als ihre verwitwete Mutter einen aus seinem Heimatland ins Exil vertriebenen Adeligen heiratet, ziehen sie in ein uraltes, halb verfallenes Gemäuer. Nach dem Ableben ihrer Mutter wendet sich ihr Schwiegervater ganz seinen Almanachen zu. Er ist auf der Suche nach der Wahrheit - nach der Wahrheit hinter dem allseits verkündeten Glauben an die Erlösung nach dem Tod. Eines Nachts sucht er mittels einer Beschwörung die endgültige Erkenntnis zu erlangen, und seine Stieftochter muss sich zwischen dem Leben ihres Liebsten, und das ihres Stiefvaters entscheiden.

Tad Williams besticht besonders, wenn er seinem Leser kleine Geschichten präsentiert. Grosse Schlachtengemälde sind seine Sache nicht, und das ist auch gut so. Er wendet sich mit Hingabe seinen Gestalten zu, lässt diese auf ein paar wenigen Seiten plastisch Gestalt annehmen. Wir können uns gut hineinversetzen in das junge Mädchen, das in der alten Feste heranwächst. Der Vater vor Jahren verunglückt, vielleicht ermordet, die Mutter vereinsamt gestorben, der Stiefvater, der zu ihr keine Beziehung aufbauen kann. Sie sehnt sich nach Zuneigung, nach Liebe. Als dann ein kraftstrotzender Kämpfer daherkommt, der ihr mit echter Zuneigung begegnet; ist sie bezaubert, im Glück. Das Rätsel, das ihr Stiefvater zu ergründen sucht dient Williams nur als stimmungsvoller Aufhänger für die Schilderung des Zwiespalts, dem sie ausgesetzt ist, als ihr Liebhaber ihren Stiefvater meucheln will. Der Moment der Entscheidung nimmt nur relativ geringen Platz im Text ein, trotzdem aber kommt ihm immense Bedeutung zu. Der Autor vermag es uns die Entscheidung glaubhaft zu machen, uns in die junge Frau hineinzuversetzen.

Diese Geschichte ist ein kleines Unikat, ein Schmuckstück ohne laute Töne, das verzaubert und den Appetit auf mehr weckt.

hinzugefügt: July 17th 2004
Tester: Carsten Kuhr
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Sprache: albanian