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Hamilton, Laurell K.: Dunkle Glut (Buch)

Laurell K. Hamilton
Dunkle Glut
(Burnt Offerings)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Angela Koonen
Titelillustration von Craig White
Bastei-Lübbe, 2007, Taschenbuch, 554 Seiten, 7,95 EUR, ISBN 978-3-404-15756-3

Von Carsten Kuhr

Gestatten, dass ich mich vorstelle, Anita Blake mein Name. Für die Polizei meiner Heimatstadt St. Louis arbeite ich als freiberufliche Beraterin, daneben erwecke ich Tote aus ihrem Grab, pfähle Vampire und bin seit kurzem mit dem Anführer der Vampire zusammen.
Sie sehen also, eigentlich bin ich ein ganz normales Mädchen, das auf Plüschpinguine steht, romantischen Kerzenschein und ein Bad zu zweit in meiner im Boden eingelassenen Badewanne zu schätzen weiß.
Das Dumme ist nur, dass mich mein Beruf nicht nur mit allen Arten von nichtmenschlichen Kreaturen zusammenbringt – das ginge ja noch, und schädigt nur den Charakter – sondern, dass einige dieser Wesen es nicht lassen können, mich oder meine Freunde zu verfolgen.
Und wenn ich eines nicht leiden kann, dann ist es bedroht zu werden – fragen sie einen guten Hexenmeister, die Geister derer, die mir oder meinen Lieben übel mitspielen wollten werden es Ihnen bestätigen. Manch böse Zunge behauptet gar, dass meine Feuerkraft die eines SWAT-Teams locker übertrifft, aber ein Mädchen muss sich doch zu Wehr setzen könne, oder nicht?

Diesmal aber hat es das Schicksal so gar nicht gut mit mir und meinen Freunden gemeint. Nicht nur, dass die Vereinigung der Vampirhasser zur Kristallnacht gegen die Langzähne gerufen hat, dass ein Pyrokinet sein Unwesen treibt, nein auch Abgesandte des Rats der Vampire befinden sich in der Stadt.
Vor einiger Zeit hat mein Lover Jean-Claude zusammen mit meinem damaligen Verlobten Richard, dem lokalen Anführer der Werwölfe, und ihrer demütigen Vampirhenkerin einen der ältesten lebenden Vampire, Mr. Oliver endgültig beerdigt (vgl. „Zirkus der Verdammten“). Oliver, der Gerüchten zufolge über 1 Millionen Jahre auf dem Buckel gehabt haben soll – ja er war kein Mensch, sondern ein Homo Erectus, ich habe in der Schule schon aufgepasst – gehörte dem Rat der Vampire an. Nun muss Jean Claude dessen Sitz im Rat einnehmen, ob er will oder nicht. Das Problem – er will nicht, da er weiß, dass dann sein untotes Leben keinen Pfifferling mehr wert ist – bei den Vampiren steigt man in der Hierarchie nur über die Leichen seiner Vorgesetzten auf – wenn Sie wissen, was ich meine. Und Jean-Claude ist mächtig, aber eben nicht mächtig genug. Nur, dass der Rat in der Wahl seiner Mittel nicht eben zimperlich ist, und ein „Nein, Danke“ einfach nicht akzeptieren will.

Da gibt es uralte Rechnungen zu begleichen, da werden Werratten gehäutet, Werleoparden in Massenvergewaltigungen gequält und ich muss mich meiner ungewollten Verantwortung als Führerin des Rudels stellen – und das im hauteng anliegenden Spaghettiträger-Cocktailkleid und 10 cm Siletto-Pumps – jetzt sagen Sie mir mal, wie man da eine Waffe verstecken soll, geschweige denn einen verletzten Freund aus der Schusslinie zerrt?


Lieber Leser, erwarten Sie bitte keine philosophischen Vampire á lá Anne Rice, oder einen introvertierten Cop wie Mr. Trenchcoat Columbo – hier spielt die Musik, da geht es zu wie bei Bruce Willis mit Fangzähnen.

Es krachen die Waffen, wird mit harten Bandagen gefightet, da gibt es massensweise Gewalt, dreckigen, brutalen Sado-Maso und Bondage Sex und Gedärme. Wahrlich nichts für schwache Nerven! Das ist Gewalt verherrlichend, erinnert eher an B-Movies als an große Filmkunst, packt den Leser mit kurzen, pointierten Sätzen voller Zynismus und rasanter Dialoge.

Gerade dieser teilweise zynische, dann wieder ironische Aspekt aber ist es, der die Romane Hamiltons aus der Masse der entsprechenden Werke heraushebt. Zusammen mit gelungenen Charakterzeichnungen der Figuren – und nicht nur die Protagonisten werden teilweise schamlos real portraitiert, auch die Antagonisten nehmen plastisch Gestalt an, so das man so manches Mal mit den Bösen fast mehr Mitgefühl hat, als mit unseren Helden – gelingt es der Autorin, uns fast mühelos von der ersten Seite an in ihren Bann zu ziehen und zu fesseln.

Dass das Ergebnis nicht auf Heftchenniveau abrutscht verdankt das Buch auch seinem immer wieder aufblitzendem, trockenem Humor. Mit viel Selbstironie beleuchtet die Autorin die Probleme ihrer Figuren, wenn sie sich für die Herren Galane in Schale werfen, wenn sie von überlästigen Augen in aller Öffentlichkeit förmlich ausgezogen werden, auf ihr Äußeres reduziert werden, und immer noch, oder schon wieder, als Frauen im Beruf diskriminiert werden. En passent lässt sie hier viel kritische Untertöne einfließen, zeigt den Chauvinisten was eine Harke ist.

Insbesondere die Entwicklung Anitas, die sich immer mehr von ihren Moralvorstellungen abwendet, immer „unmenschlicher“ sowohl in ihrem Verhalten, wie auch in ihren Überzeugungen wird, hat Hamilton sehr sorgfältig herausgearbeitet. Ist sie, die früher immer so auf ihr Menschsein stolz war überhaupt noch menschlich? Eine interessante Frage, die sich nicht nur die Protagonistin stellt.

Aber auch die anderen uns über die Jahre ans Herz gewachsenen Personen verändern sich, entwickeln sich fort. Wer hätte gedacht, dass aus Anita und Richard kein Paar werden würde, dass das Verhältnis zu Inspektor Dolph so abkühlen würde, und jede dieser Entwicklungen ist in sich selbst folgerichtig und nachvollziehbar.

Allerdings lässt sich eine gewisse Abnutzung erkennen. Über die letzten sieben Bände hat die Autorin ihre Hauptperson mit viel Liebe zum Detail aufgebaut, hat Anita immer neue Rollen übernommen, immer neue Fähigkeiten erlernen müssen.
Nun ist sie, zusammen mit den beiden Männern in ihrem Leben, auf dem Gipfel angelangt, hat sich, wen wird es wirklich wundern, auch gegen der übermächtigen Rat der Vampire behaupten können und scheint einfach unbesiegbar zu sein. Was kommt als nächstes, wird es Hamilton gelingen, das zu toppen, und wenn ja wie?

Noch mehr Gewalt würde die Handlung abwürgen und den bis dato so gelungenen Mix aus Tempo-Action und durchaus nachdenklichen Grundgedanken aus dem Gleichgewicht bringen. Auch die zunehmende Darstellung sexueller Gewalt ist an einer Grenze angelangt. Noch liest sich das in sich überzeugend und glaubwürdig, doch die Gefahr besteht, dass die Autorin hier die eindeutigen Beschreibungen zum Selbstzweck ausarten.
Warten wir also gespannt, was uns Mrs. Hamilton im nächsten Band kredenzen wird.

hinzugefügt: August 16th 2007
Tester: Carsten Kuhr
Punkte:
zugehöriger Link: Bastei-Lübbe Verlag
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