Karen Chance
Untot mit Biss
Cassie Palmer 1
(Touch the Dark, 2006)
Aus dem Amerikanischen von Andreas Brandhorst
Titelillustration von Larry Rostant Titelillustration Larry Rostant
Piper, 2008, Taschenbuch, 400 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-492-29183-5
Von Carsten Kuhr
Was benötigen auch Vampire, Hexer und Werwesen in unserer Zeit? Richtig geraten, eine echte Seherin, die die Zukunft vorhersagen kann, das wäre natürlich schon etwas, das auch die übernatürlichen Wesen in Versuchung führen kann.
Und so muss Cassie als kleines Mädchen mit ansehen, wie eine Autobombe ihre Eltern in der Luft zerreißt, bevor sie für Tony, einen skrupellosen Vampir-Mafioso, zu arbeiten beginnt. Nur ihrer Gabe, Geister nicht nur zu sehen, sondern sich auch mit ihnen zu unterhalten, verschafft ihr die Chance der Gefangenschaft zu entfliehen.
Wir lernen Cassie kennen, als sie, seit Jahren auf der Flucht, von ihrer Vergangenheit eingeholt wird. Vampire in Diensten Tonys haben sie aufgespürt, ihr Auftrag ist einfach – zwei Kugeln in den Kopf, damit ist die Flucht dann beendet.
Doch so einfach geben sich weder Cassie, noch das Schicksal geschlagen. Eine Gruppe des Vampir-Senats eilt ihr zu Hilfe, ein Kampfmagier ist auch mit dabei, und zunächst einmal gelingt es ihr, zu überleben. Nachdem sie von den Vampiren aufgezogen wurde, weiß sie ganz genau, dass die Hilfe nicht umsonst ist. Man will etwas von ihr, anscheinend liegt die Hüterin der Zeit, die Pythia, im Sterben und ihre Kräfte suchen eine Erbin.
Nun raten Sie einmal, wer da wohl in Frage kommt? Wieder richtig, Cassie soll, ob sie es nun will oder nicht, die mächtigste Frau der übernatürlichen Welt werden. Doch da gibt es so ein paar Probleme damit – erstens will sie eigentlich gar nicht, zweitens sucht Rasputin und der dunkle Kreis sie zu meucheln, um ihre eigene Cassandra als Erbin zu platzieren, dann reist sie durch die Zeit um die Vergangenheit zu ändern, und ihre Jungfräulichkeit soll sie auch noch opfern ...
Lange hat es gedauert, bis auch Piper sich auf den fahrenden Zug der Urban Fantasy aufgesprungen hat. Wo man hinsieht, welche Buchhandlung man auch betritt, die entsprechenden Werke sind bestens und werbewirksam platziert, die Umsätze nach wie vor steigend.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Urban- bzw. Romantic-Fantasy die Völkerromane als Modetrend abgelöst hat.
Was sich zu Beginn der Welle noch frisch und faszinierend gelesen hat, das bietet sich mittlerweile doch ein wenig schal an. Der Leser kennt zwischenzeitlich die entsprechenden Gesellschaften – leben die übernatürlichen Wesen nun weiterhin verborgen vor den Augen der Menschen, oder in einer wie auch immer gearteten Co-Existenz.
Vorliegendes Buch - wie kann es auch anders sein –ist einmal mehr der Auftaktband einer Serie, von der in den USA bislang vier Bücher erschienen sind. Es bietet, von der personellen Besetzung, wenig Überraschendes. Es gibt Vampire – ein wenig dunkler, gefährlicher, raubtierhafter gezeichnet als die weichgespülten Nosferatu eine Davidson und Co, dazu Werwesen, Hexer und Geister.
Nein, die Weltenschöpfung kann es nicht sein, die die Herausgeber bewogen haben, sich für diese Reihe zu entscheiden. Was also dann?
Romantik kommt vor, wenn auch eher dezent und erst zum Finale hin. Das ist kein plakativer Sex wie bei anderen, sondern fügt sich als logischer Bestandteil zur Handlung. Und auch die fast schon kriminalistisch zu nennende Suche nach den Motiven der Handelnden bleibt zwar präsent, nie aber dominierend. Beigegeben hat die Autorin in der Gestalt des Geistes eines professionellen Falschspielers auch noch eine Prise Humor, die immer wieder für Auflockerung sorgt.
Das, was dieses Buch auszeichnet, von dem die Handlung lebt, das ist neben der rasanten, unvorhersehbaren Action sicherlich die Zeichnung der – wenigen – handlungsrelevanten Personen. Hier ist anzumerken, dass Cassie naturgemäß dominiert. Durch ihre – erfahrene – Augen wird uns die übernatürliche Welt mit ihren Ritualen und Mechanismen geschildert, lernen wir die Machtpyramide kennen. Nachvollziehbar wird ihre Furcht aufbereitet, ihre Selbstzweifel auch und gerade durch die neuen Kräfte, die ihr Zufließen beleuchtet.
Zwar ist die Handlung noch lange nicht abgeschlossen, bleibt Einiges zu erzählen, aber der nächste Band wird sicherlich nicht lange auf sich warten lassen.
